Skandalös? Was denn?

GASTKOMMENTAR

Skandalös? Was denn? von Achim Woens

Aus der Sicht

der MieterInnen hat die momentane Debatte um den sogenannten Saga-Skandal etwas Kurioses. Da bekommen Bausenator und Senat die Haushaltsordnung wochenlang um die Ohren gehauen. Die Forderungen der Anti-Wagner/Senat-Koalition: Die Mieten hätten früher erhöht und der Wahlkampf ehrlicher geführt werden sollen. Das erstere ist strikt zurückzuweisen. Warum?

Die Saga hat als Instrument städtischer Wohnungspolitik vor allem eine Aufgabe: einen möglichst großen Bestand an preisgünstigen Wohnungen für die bereitzuhalten, die darauf angewiesen sind. Das mußte immer wieder gegen Senat und Bausenator von den MieterInnen verteidigt werden. Erinnern wir uns an die Pläne der Saga, im Herbst 1989 Tausende von Wohnungen auf den freien Markt zu werfen. Dieses und der teilweise wasserköpfig-bürokratische Umgang der Saga mit den MieterInnen ist zu kritisieren. Nicht jedoch eine — wenn auch nur zeitweise — zurückgestellte Mieterhöhung.

Gerade die Saga darf eben nicht alle Mieterhöhungsspielräume ausschöpfen. Denn ihre Zielsetzung ist es ja gerade, dem nach dem Motto „Haste was, kriegste was“ funktionierenden Wohnungsmarkt etwas entgegenzusetzen. Dieses Unternehmensziel muß gerade in Zeiten wie heute an erster Stelle stehen. Wäre die Haushaltsordnung die Meßlatte, dann müßte die Saga alle Wohnungen in Einzeleigentum umwandeln und an Spekulanten verscherbeln. Der Finanzsenator wäre wohl — kurzfristig — um einige Sorgen ärmer.

Nun soll daraus nicht der Schluß gezogen werden, daß Mieterfreundlichkeit der Grund war, die Mieten zu einem späteren Zeitpunkt zu erhöhen. Natürlich spielte der Wahlkampf eine Rolle. Und das ist gut so. Für die gebeutelten MieterInnen ist die Zurückstellung auch einer geringen Mieterhöhung um ein halbes Jahr bereits ein nicht zu unterschätzender Erfolg. Dieser Mechanismus ist oft der einzige Ansatzpunkt, Mieterinteressen durchzusetzen.

Achim Woens ist Mitarbeiter von „Mieter helfen Mietern“