Croissant bespitzelte Kelly und Vollmer

■ Erster Zeuge im Spionage-Prozeß gegen den ehemaligen RAF-Verteidiger Klaus Croissant/ Stasi-Führungsoffizier verstrickt sich in Widersprüche

Berlin (AP/AFP/dpa) – Im Spionage-Prozeß gegen den früheren RAF-Anwalt Klaus Croissant hat sich dessen Stasi-Führungsoffizier gestern in Widersprüche verstrickt. Vor dem Berliner Kammergericht kam es zu einem Eklat, als Major Gebhardt gegenüber dem Verteidiger Zieger darauf bestand, daß Croissant die Rückerstattung von entstandenen Auslagen mit seinem Decknamen „Taler“ quittiert habe. „Ich habe doch nie, nie von dem Namen Taler gehört“, erboste sich Croissant. Nach mehrmaliger Nachfrage Ziegers nahm Gebhardt die Aussage wieder zurück.

Erich Gebhardt bestätigte, daß er sich seit Mitte der achtziger Jahre in unregelmäßigen Abständen mit Croissant getroffen habe. Dabei habe er Informationen über die Grünen erhalten, darunter Parteiprogramme und Protokolle von Gremienberatungen. Besonders habe die Stasi beispielsweise interessiert, ob die Grünen-Politikerin Petra Kelly weitere Aktionen in der DDR plante. Gebhardt erinnerte an den Zwischenfall auf dem Ostberliner Alexanderplatz 1983, wo sich Petra Kelly aus Protest gegen die Menschenrechtspolitik der DDR ankettete. Auch Informationen über Antje Vollmer habe Croissant weitergegeben.

Über Croissants damalige Lebensgefährtin Brigitte Heinrich sagte Gebhardt, sie sei eine weniger „ergiebige“ Quelle für die Stasi gewesen. Ihr „sprunghaftes Wesen“ habe die Zusammenarbeit erschwert. Gegenüber dem BKA hatte Gebhardt 1992 ausgesagt, Croissant habe immer wieder versucht, die EG-Abgeordnete für die Stasi zu „motivieren“.

Breiten Raum nahm in der Verhandlung – die am Mittwoch fortgesetzt wird – ein Treffen Croissants mit Frau Heinrich und Stasi- Mitarbeitern im ehemaligen Jugoslawien ein. Aus einem verlesenen MfS-Dokument ergibt sich, daß dabei Croissant „über Maßnahmen der Geheimhaltung“ instruiert werden wollte. Es seien Gespräche gewesen „mit einem Menschen, der Politiker ist, der für die DDR gestanden ist“, sagte Gebhardt. Croissant hatte dagegen erklärt, er habe bis zuletzt nicht definitiv gewußt, daß seine Gesprächspartner Mitarbeiter des MfS gewesen seien.

Die Bundesanwaltschaft wirft Croissant vor, von 1981 bis zur Wende 1989 regelmäßig Informationen geliefert und dafür insgesamt 71.000 Mark Agentenlohn kassiert zu haben.