Sanssouci
: Vorschlag

■ Die Arthur Blythe Group im Quasimodo

Der American Dream ist für Jazzmusiker selten in Erfüllung gegangen. Als Arthur Blythe, Jahrgang 1940, in den Mittsiebzigern von L.A. nach New York zog, erging es ihm auch nicht anders. Als Türsteher eines Pornokinos bestritt er zunächst sein Auskommen. Doch plötzlich überstürzte sich alles, „der größte Altsaxophonist nach Charlie Parker“ war gefunden, ein kongenialer Coltrane-Nachfolger. Ausgerechnet „Black Man Arthur“, wie ihn seine Kumpels in der Heimat an der Westküste einst nannten, als er ihnen noch ständig schwarze Selbsterfahrung predigte – ausgerechnet Arthur sollte nun das Rennen machen.

In L.A. hatte Blythe bereits zu der legendären Musikerinitiative „Underground Musicians Artists Association“ von Horace Tapscott gehört. Beeinflußt von Coltrane und Coleman, Malcolm X und H. Rap Brown organisierten sich hier Mitte der sechziger Jahre die zeitgenössischen schwarzen Jazzer der Gegend zum Zwecke politischer, ökonomischer und ästhetischer Selbstbestimmung. Die UGMAA-Mitglieder konnten sich als Teil der Black Community fühlen. Nach dem Aufstand in Watts 1965 flossen kurzzeitig sogar einige Staatsgelder. Schließlich hatte jedoch auch Blythe nur die Wahl, als lokaler Musiker in Watts zu verarmen oder sich dem Zug nach Osten, nach New York anzuschließen. Der Medienmajor CBS nahm Blythe dann tatsächlich unter Vertrag und produzierte Anfang der Achtziger jene schon fast legendären Platten, die ihn zum Jazz-Weltstar machten. Bloß folgte der Fall – zumindest der kleine – auf dem Fuße: Kritiker begannen zu nörgeln, Wynton Marsalis klopfte an Columbias Tür, und neue Wetten wurden abgeschlossen.

Aber das ist halt Business, und wie die jüngste Veröffentlichung „Hipmotism“ beim deutschen Enja-Label zeigt, hat Blythe die Wechselbäder bestens überstanden. Wenn er nicht gerade mit dem „World Saxophon Quartett“ oder den Saxophon- Allstars „Roots“ durch die afroamerikanische Instrumentaltradition tourt, tritt er mit seiner „Guitar Band“ auf. Sein musikalischer Gegenpart ist dort der Tubaspieler Bob Stewart, treuer Partner von Anbeginn, und der Gitarrist „Kelvinator“ Bell, der für den Sound dazwischen sorgt. Der Percussionist Arto Tuncboyaci trommelt dazu und dahinter und stößt Laute aus, die einige als Gesang zu simplifizieren geneigt sein mögen. So ungewöhnlich die Besetzung dieser Gruppe sich auch heute noch liest – nicht recht marktgerecht labelbar, nicht Bebop und nicht Avantgarde – nun, so ähnlich klingt „Blythes Spirit“ schon seit über zehn Jahren. Immer noch: No-Mainstream in der Tradition der New Yorker Loftszene – the other side of Arthur Blythe. Christian Broecking

So. 14.2., 22 Uhr im Quasimodo, Kantstraße 12a