■ Nachgefragt
: Nicht Investitionen kürzen

taz: Ist dieser Senat eigentlich noch politikfähig, wenn in Haushaltsfragen wie am vergangenen Mittwoch geschehen die Mitglieder des Senats, die inihrem Etat 12,5 Prozent sparen sollen, dagegen stimmen, die, die nur 7,5 Prozent sparen sollen, dafür sind? Ist das nicht dumpfer Klientelismus?

Claus Jäger, Wirtschaftssenator: Dieser Eindruck wurde in Kommentaren erzeugt, er ist ganz abwegig. Wir haben alle die Notwendigkeit eingesehen, diese rund 50 Millionen einzusparen. Wir haben uns darauf verständigt, daß die Ressortverantwortlichkeit berücksichtigt werden muß. Die ursprüngliche Vorlage der Senatskanzlei sah eine gleichgewichtige Kürzung um 10 Prozent der konsumtiven Mittel vor. Soziales und Arbeit waren da aber bereits ausgenommen. Dann gab es einen zweiten Vorschlag, der einige Ressorts begünstigt, indem er von einigen Ressorts nur 7,5 Prozent verlangt und andere zusätzlich belastet.

Da haben Sie dagegen gestimmt.

Bei unserer Kürzungsquote waren 47 Millionen als konsumtive Mittel zugrundegelegt worden. Wenn man hinschaut, was das ist, dann stellt man fest: Von den 47 sind 17 Millionen Zuwendungen für Einrichtungen wie Wirtschaftsförderungs-Gesellschaft...

Also etwa die Abfindung von Herrn Schmädeke...

Nein, das ist aus dem alten abfinanziert. Aber die Außenhandelsgesellschaft. Das sind nur finanztechnisch konsumtive Mittel, tatsächlich sind es natürlich Mittel, die über die Existenz und Arbeitsfähigkeit dieser Einrichtungen entscheiden. Und diese Einrichtungen brauchen wir gerade in dieser Situation, wo wir die Wirtschaft stärken müssen. 23 Millionen berühren Fonds, zum Beispiel den Ökologie-Fonds, den Technologie-Fonds, das sind Zuwendungen an neue Unternehmen, die in dieser Zeit dringend sind. Wenn man guckt: Was sind den eigentlich konsumtive Mittel, dann bleiben von unseren 47 Millionen nur 6 Millionen übrig.

Oder beim Bauressort: Wir haben einen intensiven Baubedarf, die Baukonjunktur flacht ab. Wenn man ausgerechnet da besonders kürzt, streicht man Investitionen. Dasselbe beim Hafensenator. Das heißt: Dieser Sparbeschluß, der auf den ersten Blick soziale Ausgewogenheit vermittelt, kann sich auswirken als Kürzung gerade in den Bereichen, die wir bei rezessiver Konjunktur besonders brauchen. Das war der Konflikt.

Wo sollte man besonders sparen, um antizyklische Haushaltspolitik zu machen?

Das ist ja das Riesenproblem. Wenn man ganz ehrlich ist, muß man sagen: Wir haben fast überall die Möglichkeiten ausgereizt.

Aber der Ausgaben-Etat ist deutlich gestiegen von 1991 auf 1992...

Ja, wir müssen analysieren: Woran liegt das? Eigentlich hätten wir im Senat sagen müssen: Zuerst müssen die Erkenntnisse detailliert vorliegen, aus welchen Gründen wir nicht nur nichts eingespart, sondern sogar mehr ausgegeben haben. Dann hätten wir uns aber weitere drei Wochen unerfreuliche Spekulationen und Auseinandersetzungen geleistet, das ging nicht.

Was macht denn dieses Finanzressort, wenn im Februar 1993 noch nicht bekannt ist, wo 1992 die Ausgabensprünge gewesen sind?

Das weiß kein anderes Finanzressort in bundesdeutschen Landen. Alles, was im Bremer Haushalt passiert ist, ist dabei von der Haushaltsdeputation beschlossen. Wir müssen dringend eine Transparenz und ein strenges Kontrolling erreichen.

Man könnte diese finanzwirksamen Entscheidungen zum Beispiel in einen normalen PC eintippen und ab und an die Konten-Salden ausdrucken...

Das sagt sich so leicht. Unser Ressort war vergangene Woche im Rechnungsprüfungsausschuß, weil wir Computer schneller und billiger beschafft haben als über den Weg der Zentralbeschaffung, da müssen wir uns nun rechtfertigen. Fakt ist, daß es derzeit kein Kontrolling gibt. Int.: K.W.