■ Berlins Hilfspolizei ist von Rechtsextremisten unterwandert
: Die Rambos mit dem Sheriffstern

Auch dies ist eine bittere Erfahrung aus der Hoyerswerda-Hünxe-Rostock-Zeit. Gäbe es bei uns einen Bürgerkrieg wie im früheren Jugoslawien, das Personal für die Milizen wäre längst da. Ähnlich bestialisch die „ethnische Säuberung“ vorantreibend, und sei es mit der Black&Decker durch die Kniescheibe. Die neue Dimension der Affäre um die Freiwillige Polizeireserve (FPR) liegt darin, daß der Staat derlei einheimische Möchtegern-Rambos bewaffnete und in Uniform steckte. Und zwar nicht unwissend, sondern in Kenntnis ihres Vorlebens als schwere Jungs oder Hardcore-Nazis mit Wehrsportgruppen- und FAP-Erfahrung. Da mußten nur die eigenen Datenbestände befragt werden. Dennoch wurden die Böcke zu Gärtnern gemacht, zu Schützern von Flüchtlingsheimen und jüdischen Einrichtungen. Ja, sie sieht nicht gut aus, diese nach CDU-Lesart größte Bürgerinitiative der Stadt.

Daß die FPR zwielichtiges Gesindel anzieht wie die Motten das Licht, ist Produkt ihrer Umwandlung von einer Reservebürgerkriegstruppe des Kalten Krieges zu einer umfassenden Hilfspolizei. Kurz vor dem Mauerbau ins Leben gerufen gegen „Insurgenten aus dem Osten“, die man durch die U-Bahnschächte erwartete, hatte sie ihre Blüte zum Höhepunkt der Ost- West-Spannungen. Nach Heinrich Albertz gab es zwei Möglichkeiten, den Widerstand gegen das Ulbricht-Regime zu zeigen, den S-Bahn-Boykott und den Eintritt in die FPR. Völlig klar, daß eine derart definierte Bürgerwehr an der Frontlinie des Kalten Krieges allerspätestens mit dem Fall der Mauer ihre Existenzberechtigung eingebüßt hatte. Dies sah auch die SPD endlich ein, verabschiedete sich unter Rot- Grün von ihrem Produkt, strich alle Haushaltsmittel für das Jahr 1991 und brachte durch Innensenator Pätzold ein Gesetz zur Auflösung der FPR ein.

Allein der Beton in den Köpfen der Führungsriege der CDU war stabiler als der Beton der Mauer. Diepgen, Wohlrabe und Lummer, alle setzten sie die Weiterexistenz unter den Bedingungen der großen Koalition durch. Und unter Mithilfe der Sozialdemokraten wurden im vergangenen Jahr der FPR entscheidende neue Befugnisse eingeräumt. So ist nun das System einer umfassenden und allzuständigen Hilfspolizei entstanden, beispiellos in Europa. Nirgendwo sonst lockt derart schnell und voraussetzunglos der Hilfssheriffstern. Ohne früheres Ost-West-Feindbild im Kopf eine Attraktion ausschließlich für Law-and-Order- Neurotiker, Halbwelt und Rechtsaußen. Und auch hier gilt: Wie der Herr, so's Geschärr. Denn es sei nicht vergessen, daß es Heinrich Lummer war, der bereits zu Hausbesetzerzeiten laut Pressebeurteilung die FPR aus „ihrem Dornröschenschlaf wachküßte“ mit dem Schlachtruf, diesmal käme die Bedrohung von innen. Sein unverhohlenes Paktieren mit den Republikanern, sein Trommeln für schwarz-braune Bündnisse zeigt, wo er heute Bedrohungen sieht. Vor diesem Hintergrund geht es mit der Forderung nach endlicher Abwicklung der FPR um mehr als darum, Indianerspielereien alter CDU-Haudegen zu verhindern. Die „Skinheads mit Krawatte“ haben sich Rambos mit Hilfssheriffsternen zugelegt. Ihnen ist das Handwerk zu legen. Wolfgang Wieland

Mitglied des Abgeordnetenhauses für das Bündnis 90/Grüne