ÖPNV-Strecken ausschreiben

■ Interview mit dem grünen Verkehrspolitiker Dieter Mützelburg

Die Bremer Straßenbahn AG hat kurzfristig ein Zehn- Millionen-Loch zu stopfen. Heute gibt es in der Stadtbürgerschaft eine Aktuelle Stunde zu diesem Thema. Der grüne Fraktionsvorsitzende Dieter Mützelburg schlägt vor, Teilstrecken der Straßen- und Buslinien zu privatisieren.

taz: Wie kommt es zu diesem Vorschlag?

Dieter Mützelburg: Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern hat einen aktuellen Anlaß. Die Straßenbahn selbst hat Überlegungen angestellt, ob sie durch Anmietungen von Fremdfirmen Kosten sparen können. Das sind Firmen, die bereits jetzt innerhalb des Verkehrsverbundes Niedersachsen fahren. Grundsätzlich: Es gibt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes und eine EG-Verordnung 1893, die künftig vorschreibt, daß im öffentlichen Personen-Nahverkehr Wettbewerbsfreiheit zu herrschen habe.

Wenn das sinnvoll sein soll, dann müssen das doch Strecken sein, bei der die BSAG Minus einfährt. Welcher Unternehmer würde diese Strecken übernehmen?

Der aktuelle Vorschlag bezieht sich nicht auf Strecken, bei denen kein Geld hereinkommt, sondern er bezieht sich auf den zusätzlichen Einsatz von Bussen in den Spitzenzeiten, wenn hochverdichteter Takt gefahren wird. Das führt zu einer deutlichen Entlastung auf der Personalseite. Zweitens führt es dazu, daß diese Busunternehmen zusätzliche Busse kaufen oder anmieten müßten, und das würde über die Straßenbahn gehen. Das ist der tatsächliche Gewinn. Das geht nur auf Hauptstrecken und zu Hauptzeiten. Mittelfristig, nach EG-Richtlinie, wird es so sein, daß Strecken ausgeschrieben werden und sich Betreiber bewerben müssen zu bestimmten Bedingungen.

Gibt es konkrete Zahlen, was da einzusparen ist?

Es gibt von der Straßenbahn Schätzungen und Modellrechnungen über fünf Prozent der Fahrzeiten und Strecken. Wenn man die sie bedienen ließe, könnte man rund zwei Millionen einsparen.

Gibt es dieses Modell schon irgendwo?

Bei anderen Verkehrsgesellschaften sind fünf Prozent durchaus üblich. Bremen hat sich bisher strikt dagegen gewehrt, weil hier das Personal der Straßenbahn mitsamt der ÖTV eine sehr starke Rolle spielt.

Ein Privatisierungs-Vorschlag von grüner Seite überrascht ein wenig...

Die Grünen werden sich daran gewöhnen müssen, die Fraktion hat nicht widersprochen. Sie hat es aber auch nicht alleine vertreten. Staatsrat Uwe Lahl aus dem Umweltressort hat das beispielsweise ebenfalls vertreten. Meine prinzipielle Meinung ist, daß ein Vorlauf auf die auf uns zukommende Neustrukturierung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs nach EG- Bedingungen ganz nützlich ist, weil man da Erfahrungen sammeln kann. In Dänemark im Großraum Kopenhagen wurden auf diese Weise 30 Prozent Kosten eingespart bei Verbesserung des Streckennetzes.

Braucht die BSAG dafür einen grünen Aufsichtsratsvorsitzenden?

Nein, man braucht einen handlungsfähigen Straßenbahn-Vorstand, der mutig ist und sich an der Gesamtdebatte ÖPNV aktiv be

hier bitte

den Mann

mit Brille

teiligt.

Wann könnte es ernst werden damit?

Bis 1996 wird das wohl in Grundzügen stehen.

Fragen: mad