Wenn Männer zu sehr weinen

Rot-Weiß Köln verteidigt seinen Hallenhockey-Titel dank des Dürkheimer Christian Mayerhöfer mit 12:9 nach Siebenmeterschießen  ■ Aus Duisburg Thomas Lötz

Herbert Zangerle schlurfte dem Spieler mit der Nummer 6 auf dem roten, durchgeschwitzten Trikot entgegen. Er schluchzte dem Mann mit dem Hockeyschläger ein „Harald“ zu, und dann weinte er, wenn auch mit einer durchaus verbesserungswürdigen Theatralik, das Hemd von Harald Brandenstein noch ein wenig feuchter.

Wenige Minuten zuvor hatte der Harald nämlich alles beendet. Er hatte im Finale der 32. Deutschen Hallenhockeymeisterschaft in Duisburg den entscheidenden Siebenmeter verwandelt. Und jetzt bedankte sich sein Trainer dafür, daß der alte auch der neue Titelträger sein durfte, dafür, daß Rot- Weiß Köln nun schon zum sechsten Mal den großen blauen Meisterschaftswimpel mit den goldbestickten Lettern verliehen bekam.

Auf der Ersatzbank des Dürkheimer HC, des Finalgegners aus diesem und dem letzten Jahr, saß derweil Christian Mayerhöfer. Der 21jährige Olympiasieger von Barcelona und Mannschaftssportler des vergangenen Jahres starrte zusammengesunken auf den Boden vor seinen Füßen. Er konnte es nicht fassen. Viermal hatte er die Plastikkugel ins Kölner Tor gebracht, viermal war es die gleiche Aktion, viermal lief alles wie geplant, wie im Training. Uwe Krauß gab die Ecke von rechts heraus auf Jens Fischer, hinter dem der einen Schuß andeutende Michi Metz postiert war, kurzes Stoppen, plötzliches Weiterleiten des Balles nach links, und dann hatte Mayerhöfer es aus der Mitte gemacht, viermal. Aber was zählte das jetzt noch. Sie hatten verloren wie schon im letzten Jahr. Diesmal aber war es eben noch ein wenig schlimmer. Er war allein schuld. „Der Mayerhöfer is durch“, sagte ein Mann mit schwarzweißem DHC-Fan-Schal.

Fünf Minuten vor dem Ende der Verlängerung, die beim Stande von 6:6 in der regulären Spielzeit erforderlich geworden war, führten die Dürkheimer noch mit 9:7. Köln schien bezwungen, doch dann erzielte Jo Hürter den Anschlußtreffer für Rot-Weiß, und 15 Sekunden später geschah es. Christian Mayerhöfer befand sich an der Bande des eigenen Schußkreises, hatte etwas Probleme, den Ball zu kontrollieren. Sein Kölner Gegner Oliver Kurtz bedrängte ihn, und reflexartig spielte der Angegriffene einen Risikoball quer durch die torrelevante Zone. Kölns Uli Mayer hechtete akrobatisch hinein und bugsierte den Ball noch im Flug mit der Rückhandseite seines Schlägers vorbei an Torwart Wehrle zum Ausgleich ins Tor. Es blieb beim 9:9, und die Entscheidung mußte im Siebenmeterschießen gefunden werden. Schlimm, fürchterlich und schrecklich war das alles, aber Mayerhöfer sollte ja noch seine Chance zur Wiedergutmachung erhalten.

Den ersten Siebenmeter des DHC hatte Kölns Keeper Oliver Cazien gehalten. Mayerhöfer war der zweite Dürkheimer, der schießen sollte. Natürlich wollte, mußte er sich rehabilitieren. Statt ins Netz zischte sein Schlenzer jedoch krachend in die Werbetafel neben dem Tor. Drei Siebenmeter später verwandelte Harald Brandenstein, da war alles aus für den DHC und Christian Mayerhöfer.

So gerne wäre der amtierende Feldhockey-Meister auch in der Halle Titelträger geworden. Zumal der DHC in den letzten sieben Jahren viermal ein Endspiel um die Deutsche Hallenhockeymeisterschaft verloren hatte. Da mußte der Trost wahrhaftig erst einmal gesucht werden. Uwe Krauß, der zum besten Spieler des Turniers gekürt wurde, hatte ihn als erster gefunden: „Ach wissen Sie, Hallen- und Feldhockey sind doch zwei völlig verschiedene Dinge.“ Vielleicht hilft das auch Olympiasieger Mayerhöfer oder auch dem armen Jens Fischer. Der war nämlich bei allen vier Endspielniederlagen der letzten sieben Jahre dabei.