UN-Kommission geißelt Fatwa gegen Rushdie

■ Bundesregierung auch für Aufhebung

Genf/Bonn (dpa) – Der Sonderberichterstatter der UNO-Menschenrechtskommission für religiöse Fragen, Angelo Vidal d'Almeida Ribeiro, hat das Verhalten des Iran im Fall Rushdie als „unannehmbar“ kritisiert. Zu den Staaten, die sich in den Abkommen über Menschenrechte zur Gedanken-, Gewissens- und Glaubensfreiheit bekennen, gehöre auch der Iran, heißt es in einem gestern in Genf veröffentlichten Bericht Ribeiros. Die iranische Führung hatte erst am Sonntag die vor genau vier Jahren verkündete islamische Fatwa gegen den britischen Schrifsteller Salman Rushdie wegen seines als gotteslästerlich verurteilten Buches „Die Satanischen Verse“ bekräftigt.

Teherans Entscheidungen, die nicht von einem unabhängigen Gericht gefällt wurden, sind nach den Worten Ribeiros gemäß den Bestimmungen über die Bürger- und politischen Rechte nicht hinzunehmen. Darüber hinaus stelle die Auslobung eines Kopfgeldes in Höhe von zwei Millionen US-Dollar Anstiftung zu einem Verbrechen und zu religiösem Haß dar.

Auch die Bundesregierung fordert nach wie vor vom Iran die Zurücknahme des Mordaufrufs gegen Rushdie. Auf Anfrage bekräftigte das Auswärtige Amt gestern, daß sich die Haltung Bonns entsprechend den Absprachen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nicht geändert habe.

Wenige Tage vor der Erneuerung der Fatwa durch Irans obersten Religionsführer Sajed Ali Khameini am Samstag, hatte der iranische Botschafter in Bonn versucht, ihre Bedeutung herunterzuspielen. Botschafter Hossein Mousavian erklärte vor Journalisten, die Verhängung der Fatwa müsse als persönliche Meinung des verstorbenen Ajatollah Khomeini betrachtet werden. Allerdings sei die Verurteilung Rushdies inzwischen keine rein iranische Angelegenheit mehr, sondern betreffe alle islamischen Staaten.