Stunksitzung

■ CDU: Streit über Kriminalitätsbekämpfung, Konsens über Parlaments- und Bezirksreform

, Konsens über Parlaments- und Bezirksreform

Mehrmals mußten die Mitglieder über den Antrag abstimmen, erst dann war das Ergebnis dem CDU- Präsidium genehm. Denn erst nach dem dritten Fingerheben kam die CDU-Gemeinde der Bitte ihres Parteichefs nach, den Projektbericht „Bekämpfung der Alltagskriminalität“ nicht gänzlich abzulehnen. So kam Dirk Fischer am Montagabend beim Landesparteitag bereits zu Beginn nur knapp an einer Abstimmungsniederlage vorbei.

Aber auch nach der Befassung blieb nicht viel von dem Bericht übrig. Etliche Kapitel wurden zurücküberwiesen, einige Punkte gestrichen. Die Projektgruppe hatte auf 20 Seiten Allgemeinplätze, Visionen eines Polizeistaats und rechtlich abstruse Forderungen zusammengetragen. Neben dem Appell für mehr „Verzicht, Nächstenliebe und gesunde Autoritäten“ forderten sie, die Polizei an der Stadtplanung zu beteiligen und die Strafmündigkeit in begründeten Fällen von 14 auf 12 Jahre herabzusetzen.

Das war selbst dem Sicherheitspolitiker Karl-Heinz Ehlers zu harter Tobak. In Allianz mit der Sozialpolitikerin Birgit Schnieber-Jastram und Karsten Tietz, dem JU- Vorsitzenden in Wandsbek, kippte er die größten Klopper. „Das ist Dilettantismus, nicht böser Wille“, urteilte Jura-Student Tietz. Nach dem Willen der Union können Handtaschenräuber nun bis zu 15 Jahre Knast bekommen und Ausländer wegen Schwarzfahrens abgeschoben werden.

Streit gab es auch in der Debatte zur geplanten Parlaments- und Verfassungsreform. Hier stimmten die Christdemokraten erst nach kontroverser Debatte der Unvereinbarkeit von Mandat und öffentlichem Dienst zu. Einigkeit bestand darüber, die Parlamentsreform an eine Verwaltungsreform zu knüpfen. Der Stärkung der zentralen Ebene — durch Richtlinienkompetenz für den Bürgermeister — müsse mehr kommunale Demokratie entgegengesetzt werden. Außerdem plane die SPD, die Verfassungs- und Parlamentsreform bis zum Herbst zu verabschieden, um dann 1994 mit ihrer Mehrheit einen Verwaltungzuschnitt festzulegen, der den eigenen Machterhalt sichere.

Die CDU stimmte der Abschaffung des Feierabendparlaments zu, lehnte aber den Trend zum Berufspolitiker ab. Fischer warnte davor, sich in Details wie Diätenhöhen festzulegen, bevor man darüber mit den übrigen Fraktionen verhandelt habe. sako