■ Das Portrait
: Roberta Achtenberg

Auf dem US-Wohnungsmarkt für Gerechtigkeit zu sorgen ist eine ehrenvolle Aufgabe, aber auch eine undankbare. Den Job einer stellvertretenden Wohnungs- und Städtebauministerin, zuständig für Chancengleichheit und Mieterschutz, soll nach Clintons Willen Roberta Achtenberg übernehmen. Das wäre in den USA noch keine Schlagzeile wert, wäre Achtenberg damit nicht die ranghöchste homosexuelle Regierungspolitikerin.

Achtenberg, die mit Sohn und Lebensgefährtin erscheint, wo andere die Kleinfamilie vorführen, gehörte zu den Vorsitzenden der „Clinton for President“-Kampagne und war vor dem Parteitag der Demokraten im Juli 1992 daran beteiligt, die Positionen der Partei zur Gleichberechtigung der Homosexuellen zu formulieren. Ihre Nominierung ist Clintons Tribut an die Lobby der Schwulen und Lesben, die ihn im Wahlkampf maßgeblich unterstützt hatten.

Die 42jährige Juristin ist in San Francisco eine der prominentesten Repräsentantinnen der Schwulen- und Lesbenbewegung. In den achtziger Jahren amtierte sie als Vorsitzende des „National Center for Lesbian Rights“. Als Juristin machte sie sich in fünfzehn Jahren Praxis als Anwältin in Bürgerrechtsfällen und als Dekanin der „New College School of Law“ einen Namen. 1990 wurde sie in den Stadtrat San Francisco gewählt, wo sie bis zuletzt Vorsitzende des Ausschusses für Wohnungsbau war.

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Foto: Reuter

Auf den Vorwurf, sie könne bei dieser Karriere als Politikerin zwangsläufig nur den Interessen einer Minderheit verpflichtet sein, reagiert sie immer noch geduldig: „Warum“, fragt sie zurück, „gilt ein Afroamerikaner, der für ein Amt kandidiert, immer nur als Vertreter der schwarzen Community? Und warum wird bei einem weißen, männlichen Kandidaten vorausgesetzt, daß er die Interessen aller im Auge hat?“

Seit Beginn ihrer politischen Karriere ist Achtenberg daran gewöhnt, solche Barrieren zu durchbrechen. Als sie sich 1988 erstmals auf der Liste der Demokraten um einen Sitz im kalifornischen Parlament bewarb, ließ man ihr von der Parteispitze bestellen, daß die Schwulen- und Lesbenbewegung für diesen Schritt „noch nicht qualifiziert“ sei. Man werde sie wissen lassen, wenn die Zeit reif sei. Ihre Antwort war kurz und prägnant. „Macht wird einem nicht gegeben; man muß sie sich nehmen.“ Andrea Böhm