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■ Die Mörder von Chico Mendes aus dem Knast ausgebrochenMachtlose Richter – morsche Zellen

Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück. Vor 2 Jahren und 2 Monaten, als die Mörder von Chico Mendes zu 19 Jahren Haft verurteilt wurden, triumphierten die Umweltschützer. Zum ersten Mal in Brasiliens Geschichte wurde ein Großgrundbesitzer aus dem Amazonasgebiet für einen Mord an einem Landarbeiter zur Verantwortung gezogen. Der Kampf des Gummizapfers gegen die Zerstörung des Regenwaldes und die Raffgier seiner selbsternannten Herrscher erregte weltweites Aufsehen. Der brasilianischen Regierung blieb nichts übrig, als dem wachsenden Bedürfnis nach Gerechtigkeit nachzukommen. Nach den Mördern von Chico Mendes ging es Brasiliens ehemaligem Staatsoberhaupt Fernando Collor an den Kragen. Im vergangenen Oktober verjagten die Brasilianer ihren korrupten Ex-Präsidenten streng auf dem Rechtsweg aus dem Regierungspalast. Collor und die Mörder Darli und Darci Alves da Silva bekamen zu spüren, daß in Brasilien für Arme und Reiche dasselbe Recht gilt, wenn der politische Wille dafür vorhanden ist.

Doch diese beiden ermutigenden Ereignisse sind weiterhin die Ausnahme. Während der brasilianische Kongreß Fernando Collor wegen Korruption verurteilte, schoß die brasilianische Militärpolizei bei einer Meuterei im Gefängnis von São Paulo 111 Gefangene nieder. Für das Massaker im vergangenen Oktober ist bis heute noch keiner zur Verantwortung gezogen worden. Nicht nur das Gefängnis in São Paulo ist hoffnungslos überfüllt. Auch in Rio Branco, wo die Mörder von Chico Mendes einsaßen, werden in den Zellen Gefangene unter menschenunwürdigen Bedingungen gestapelt. Schlechtbezahlte Wächter sind für Bestechungsversuche überaus anfällig.

Noch entspricht die Flucht aus morschen Gefängniszellen der brasilianischen Realität mehr als die Verurteilung von wirtschaftlich oder politisch mächtigen Schreibtischtätern oder Großgrundbesitzern. Theoretisch verfügt der brasilianische Bürger über einklagbare Rechte, doch in der Praxis ist die Justiz hoffnungslos überfordert. Das Gewaltmonopol des Staates wird von den verschiedenen Interessengruppen unterlaufen. Vielen Brasilianern bleibt in ihrer Verzweiflung nur der Hilfeschrei an die überirdischen Kräfte. Ein Schritt vor, zwei Schritte zurück. Astrid Prange

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