In den Tod geschleppt

■ Tagebuchnotizen eines Flüchtlings dokumentieren Fluchthelferaktivitäten

Am letzten Samstag im November waren die singhalesischen Flüchtlinge noch in St. Petersburg. „26 von uns wurden zusammengepfercht“, schrieb einer in sein Tagebuch. Tags darauf war sein Visum für Rußland abgelaufen. In den Wochen danach wurde er mit einer Gruppe von Leidensgenossen kreuz und quer durch Mittel- und Osteuropa transportiert – sie waren immer versteckt und erfuhren nur selten, wo sie sich gerade aufhielten. Am 25.Januar, einem eiskalten Wintertag, kam der junge Tagebuchschreiber in Österreich zu Tode. Seine Leiche wurde zusammen mit den Leichen von vier weiteren Singhalesen wie Müll auf einem Autobahnparkplatz bei Leobersdorf in Niederösterreich abgeladen.

Die Männer waren zwischen 18 und 30 Jahre alt. Die österreichische Polizei vermutet, daß sie über Ungarn oder die Slowakei in das Alpenland gelangten und nach Italien transportiert werden sollten. Vermutlich verbrachten die Flüchtlinge ihren letzten Reiseabschnitt eingesperrt im Hohlraum einer Lkw-Ladung, der Tod der Flüchtlinge trat ein, weil sie in dem hermetisch abgeriegelten Raum keine Luft mehr bekamen.

Der Tagebuchschreiber dokumentierte sorgfältig, welche Behandlung die Flüchtlinge in Rußland erfuhren. Mal konnten sie wegen der großen Kälte nicht schlafen. Oft wurden sie mit vielen unbekannten Menschen eingeschlossen. Einer von ihnen wurde seiner Habseligkeiten beraubt und zusammengeschlagen. Aus den Aufzeichnungen geht auch hervor, daß die Männer ihre Heimat im September verließen. Von Sri Lanka flogen sie über Singapur und Malaysia nach Rußland, wo sie von Schleppern in Empfang genommen wurden. Ihr Ziel war Italien, wo sie Arbeit suchen wollten. Die Fluchthelfer – nach bisherigen Erkenntnissen ebenfalls Singhalesen – bekamen nach Aussagen der Hinterbliebenen in Sri Lanka von jedem ein Vermögen. dora