Kurssturz in New York

■ Nach Präsident Clintons Ankündigung von Steuererhöhungen wollten viele ihre Aktien verkaufen / Abgaben für Alkohol und Tabak im Verlauf des Jahres?

Berlin (taz) – Die Börsianer in New York sind nervös. Viele versuchten, sich von ihren Aktien zu trennen, nachdem Präsident Clinton Steuererhöhungen auch für den Mittelstand angekündigt hatte. Auch von der erwünschten Reduzierung der Kapitalgewinnsteuer war zur großen Enttäuschung der Broker in den letzten Tagen vor der für heute nacht angekündigten Rede zur Lage der Nation nicht die Rede.

So sauste der Dow-Jones-Index, der die Aktienkurse der 30 wichtigsten US-Industriewerte anzeigt und als wichtiges Marktbarometer gilt, um fast 82 Punkte auf 3.309 ab. Als der Index schon 90 Minuten nach Börsenöffnung um 75 Punkte gefallen war, wurde der Computerhandel eingeschränkt. Es war der tiefste Sturz seit dem 15. November 1991.

Besonders im Pharmasektor gab es große Einbrüche, weil der neue US-Präsident bereits angekündigt hat, daß er deren Preispolitik hart angehen will. Die Aktien des Marktführers Merck büßten mehr als 2 Dollar ein und wurden am Dienstag für knapp 38 Dollar gehandelt. Auch die Papiere der Fluggesellschaften wollte niemand mehr haben, weil sie durch die geplante Energiesteuer zusätzliche Kosten haben werden.

Der Handel mit festverzinslichen Wertpapieren reagierte hingegen positiv auf das sich abzeichnende Wirtschaftsprogramm. Clinton dankte es laut Financial Times den Händlern mit den Worten: „Der Markt mit festverzinslichen Papieren ist ein besserer Indikator.“ Er wertete es als Zeichen, daß es Vertrauen in sein langfristiges Ziel einer Reduzierung des Haushaltsdefizits gäbe.

Auch gestern wurde wieder ein Häppchen des Regierungsprogramms öffentlich. Im Weißen Haus wird demnach eine zweite Steuererhöhung im weiteren Verlauf des Jahres geplant; im Gespräch sind Abgaben für Tabak, Alkohol, Waffen und Versicherungen. Davon soll vor allem die Gesundheitsreform finanziert werden, für die inzwischen ein Finanzbedarf zwischen 30 bis 90 Milliarden Mark veranschlagt wird.

Die Financial Times meldet weiter, daß Clinton bei den VerdienerInnen höherer Einkommen noch einmal differenzieren will. So soll es einen „Millionärs-Steuerzuschlag“ von 40 Prozent geben für Leute, die jährlich mehr als 250.000 Dollar kassieren. Für Menschen mit mehr als 175.000 Dollar Jahreseinkommen sollen 36 Prozent fällig werden. Eine Studie im Magazin Money belegt, daß zumindest kurz nach Clintons Wahl die Mehrheit der US-BürgerInnen Steuererhöhungen fürs Gesundheitswesen, eine Schulreform und eine Reduzierung des Haushaltsdefizits befürwortete. aje