Hexen und Raben...

■ ...gegen Schlips und Kragen: Weiberfastnacht in der Sozialbehörde

in der Sozialbehörde

Ein derartiger Radau ist auf den Fluren der Sozialbehörde (BAGS) äußerst selten: Über fünfzig Frauen aus verschiedenen ABM-Projekten feierten dort gestern Weiberfastnacht. Die von der Bonner Kürzungspolitik Betroffenen fordern einen Notfonds für ABM-Kräfte, deren Stellen und Projekte gestrichen wurden. Der ausgelassene Faschingszug der Hexen und Raben verriet wenig vom bitteren Hintergrund der Aktion. Am liebsten hätten die Frauen dem Senator persönlich die Krawatte abgeschnitten. Doch Ortwin Runde war rechtzeitig durch einen Türspalt geflohen.

Mit Trommeln, Trompeten und Pfeifen ausgerüstet suchten die Frauen die einzelnen Stockwerke des Behördenturms ab. „Wieso erwischt es immer mich?“ fragte sich Hannelore Richter, die nur selten in Rundes Vorzimmer Dienst tut. (Bei einer ihrer vorigen Vertretungen hatte sie es mit der später zu einer Bewährungsstrafe verurteilten Altenpflegerin zu tun, die mit einer Waffe und einem Messer in das Arbeitszimmer des Senators eindrang.) Gestern hagelte es lediglich Konfetti.

Männliche Sachbearbeiter, die neugierig die Köpfe aus ihren Zimmern steckten, bekamen einen

1Papp-Schlips angeheftet. Auf die mitgebrachten Krawatten hatten die Frauen ihre Forderung nach einem Notfonds zur Abfederung der Krise gepinselt. Außerdem sollen in den Projekten der freien Träger Stellen für Sozialhilfeempfängerinnen eingerichtet werden. „Tariflohn statt Sozialhilfe“ stand auf den Schlipsen zu lesen. Bisher können Frauen, die von der Sozialhilfe leben, nur in staatlichen Beschäftigungsgesellschaften Arbeit finden.

In der BAGS-Abteilung für Arbeitsmarktpolitik gerieten die

1Frauen mit Herrn Meyer an den Richtigen. „Wir sind doch schon dabei“, wehrte sich der Mann, als die Hexen und Raben mit ihren Pfeifen sein Büro stürmten. Die Behörde wolle sich um Notmaßnahmen kümmern. Der Anteil der Frauen in den Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekten ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Dennoch werden von den ersatzlos auslaufenden 3000 ABM-Stellen knapp die Hälfte verlorene Frauenarbeitsplätze sein. Lisa Schönemann