Wider den Verfall der Erinnerung

■ Ignatz Bubis zeichnete NDR-Initiative "Gegen das Vergessen" mit dem Leo-Baeck-Preis aus

mit dem Leo-Baeck-Preis aus

Journalismus stößt selten auf positive Resonanz. Ungewöhnlich klangen daher die lobenden Worte, mit denen Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, gestern den Norddeutschen Rundfunk bedachte. „Selbstlos, mit Verständnis und mit Gefühl“, so umschrieb Bubis die NDR-Initiative „Gegen das Vergessen“, bei der 1,6 Millionen Mark für den Erhalt der Gedenkstätte in Auschwitz gesammelt worden sind. Als Anerkennung verlieh der Zentralrat gestern in der ehemaligen Synagoge in der Oberstraße den „Leo-Baeck-Preis 1992“ an NDR- Intendant Jobst Plog und seine MitarbeiterInnen.

Das NDR-Fernsehmagazin „Panorama“ hatte im vergangenen Jahr vom Verfall der Lagerbauten in Auschwitz berichtet und damit den Auftakt zur Aktion „Gegen das Vergessen“ gegeben. Auch der NDR-Hörfunk sendete verstärkt Beiträge über das ehemalige KZ.

„Auschwitz darf nicht einfach nur ein Name auf der Landkarte sein“, warnte gestern Michael Fürst vom Zentralrat der Juden. Etwa vier Millionen Menschen, so schätzt man heute, ließen in der Mordfabrik der Nazis ihr Leben. „Die Welt wußte es und schwieg“, so Fürst, der auch an die Opfer rechtsradikaler Gewalt in jüngster Zeit erinnerte.

Der NDR habe durch sein Engagement zu einem Umschwung in der deutschen Öffentlichkeit beigetragen: Im Bewußtsein vieler Menschen stehe heute die Sorge um Rechtsradikalismus an erster Stelle, nicht mehr — wie noch im Herbst — ein „Ausländerproblem“.

1Die Aktion „Gegen das Vergessen“ läuft noch bis April. An der Spendensammlung beteiligt haben sich bisher vor allem junge Menschen, Auszubildende und Schüler,

1die evangelische Kirche sowie SPD und Grüne. Zuwendungen aus Industriekreisen blieben bisher, soviel wurde bekannt, die Ausnahme.

Der Leo-Baeck-Preis wird seit

11957 als Auszeichnung für Humanität verliehen und ist mit 10000 Mark dotiert. Das Geld wird der NDR-Aktion zukommen. Uli Mendgen