„Keiner Behörde etwas anzuordnen“

■ Interview mit dem stellvertretenden Ausländerbeauftragten der Stadt Hamburg, Herrn Tietjens

taz: Was können die Berliner und Hamburger Ausländerbeauftragten, was können sie nicht?

Tietjens: In Hamburg wird der Ausländerbeauftragte vom Senat berufen. Wir sind nicht an eine Behörde angegliedert und arbeiten weisungsungebunden unter dem Ersten Bürgermeister. Unsere Hauptaufgabe ist, den Senat zu beraten, wie die Integration der längerfristig hier lebenden nichtdeutschen Mitbürger verbessert werden kann. Wir sind nicht Sprecher einer Senatspolitik. Wir haben keine exekutiven Aufgaben wie etwa in Berlin die Zuwendung von öffentlichen Mitteln oder in Bremen die Unterbringung der Aussiedler und Flüchtlinge. Wir haben keiner Behörde etwas anzuordnen. Dennoch haben wir in Hamburg eine recht gute Durchgriffsmöglichkeit für unsere Lösungsvorschläge.

Ausländerbeauftragte ohne Kompetenz! Frau Funcke gab frustriert auf, Frau Schmalz-Jacobsen wurde wegen ihrer jüngsten Vorschläge zur Einbürgerung heftig angegriffen. Sitzen Sie nicht auf verlorenem Posten?

Frau Funcke hat deutlich gezeigt, daß es kein Vertrauensverhältnis zwischen ihr und der Regierung gab. Die Einrichtung ist daraufhin etwas umstrukturiert und um die Möglichkeit einer eingeschränkten Berichterstattung erweitert worden. Sie kann aber nicht ins Kabinett gehen, sie muß warten, bis sie gefragt wird. In Hamburg haben wir jederzeit Zutritt zum Senat. Unsere Vorschläge werden, wenn nicht unmittelbar, doch mittelfristig, immer aufgegriffen. Wir stehen finanziell mit 250.000 Mark für Öffentlichkeitsarbeit relativ gut da gegenüber 70.000 Mark der Ausländerbeauftragten der Bundesregierung.

Ausländerbeauftragte, Ausländerbeiräte, Ausländerparlamente – das ist doch kein Ersatz für das Wahlrecht.

Alle Ausländerbeauftragten des Bundes und der Länder setzen sich für das kommunale Wahlrecht und erweiterte politische Mitwirkungsmöglichkeiten ein. Die Initiative Hamburgs und Schleswig- Holsteins, das kommunale Wahlrecht einzuführen, ist letztlich vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Wir sagen nicht, das eine oder das andere, sondern das eine und das andere. Neben dem Wahlrecht müssen die Ausländer in öffentlichen Gremien vertreten sein.

Doppelte Staatsangehörigkeit, Niederlassungsrecht, Antidiskriminierungsgesetz – was denken Sie darüber?

Wir treten vorbehaltlos für die erleichterte Einbürgerung ein – weg vom Vererbungs- und hin zum Geburtsortprinzip. Bei doppelter Staatsangehörigkeit müssen für die Kinder von Rückkehrern Steuerungsmöglichkeiten eingeführt werden. Für eine Änderung des Ausländergesetzes ist unabdingbar, daß die Bundesregierung sich politisch dazu bekennt, daß Deutschland ein Einwanderungsland ist. Wegen Durchsetzungsschwierigkeiten waren wir bisher gegen ein Antidiskriminierungsgesetz. Durch die Ereignisse sind wir eines Besseren belehrt worden und sind heute dafür. Das Gespräch führte Kemal Kurt