„Sie war es endgültig leid“

■ Zur Bosnien-Entscheidung der UNHCR-Chefin Ogata

Genf (taz) – Die Sprecherin der UNO-Flüchtlingshochkommissarin Sadako Ogata über die Gründe, die zur vorläufigen Suspendierung fast aller Hilfslieferungen nach Bosnien-Herzegowina führten.

taz: Warum hat Frau Ogata dies jetzt entschieden?

Christiane Berthiaume: Sie war es endgültig leid, daß die Versorgung notleidender Menschen aus politischen Gründen verhindert wird. Und zwar von allen drei Seiten. Wobei die Serben mit ihre Blockade der Städte Goražde und Cerska die Hauptschuldigen sind. Aber auch die Verfügung der bosnischen Regierung, die Verteilung der Hilfsgüter in Sarajevo zu stoppen, war eine törichter und kontraproduktiver Schritt, für den es keinen Grund gibt. Für das angebene Motiv – die Solidarität mit den Muslimen in Ostbosnien – haben wir durchaus Verständnis.

Präsident Izetbegović und Vizepremier Lagumdzija nennen Ogatas Entscheidung eine „Erpressung der Hungernden durch die Wohlgenährten“.

Wer erpreßt denn hier wen? Im übrigen haben die zumeist immer noch ausreichend versorgten Regierenden nicht darüber zu entscheiden, ob die Bevölkerung verhungert.

Tun UNO und UNPROFOR genug, um die Hilfslieferungen durchzusetzen?

Laut Resolution 770 des Sicherheitsrates soll UNPROFOR die Hilfslieferungen „mit allen Mitteln durchsetzen“. In Resolution 776 heißt es hingegen, die Kommandeure der einzelnen nationalen UNPROFOR-Kontingente sollen in der jeweiligen Situation über ihre Mittel entscheiden. Der für die Region Sarajevo zuständige General Morrillon hat bislang ausschließlich auf Verhandlungen gesetzt.

Morrillon hat Ogatas Entscheidung kritisiert und versucht auch weiterhin, einen Hilfskonvoi in Ostbosnien durchzusetzen.

Wenn ihm das gelingt und damit Hilfsgüter zu notleidenden Menschen gelangen, sind wir glücklich. Interview: Andreas Zumach