Transparente Gen-Kartoffel-betr.: "Aufstand gegen die Gen-Kartoffel", taz vom 25.1.1993

Betr.: „Aufstand gegen die Gen-Kartoffel“, 25. 1. 1993

Sehr geehrte Damen und Herren, die hohe Beteiligung an der Veranstaltung zum geplanten Freilandversuch mit gentechnisch manipulierten Kartoffeln bei Ahrensburg zeigt, wie groß das Bedürfnis nach Information und Aufklärung bei den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Bereich ist.

Eine Bedingung für die Freisetzungsgenehmigung ist, daß nach dem Stand der Wissenschat im Verhältnis zum Zweck der Freisetzung unvertretbare schädliche Einwirkungen auf Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen nicht zu erwarten sind. Diese Bestimmung des Gentechnikgesetzes muß bei der anstehenden Novellierung neu gefaßt werden. Es kann nicht angehen, daß trotz schädlicher Auswirkungen einer Freisetzung eine Genehmigung erteilt wird, weil es der Zweck des Freisetzungsversuchs rechtfertigt. Keine Freisetzung von gentechnisch manipulierten Organismen kann so wichtig sein, daß dafür Schäden an Mensch und Umwelt in Kauf genommen werden.

Deshalb müssen auch bei dem nun beantragten Freilandversuch mit gentechnisch veränderten Kartoffeln umfassende Prüfungen stattfinden und ein öffentliches Anhörungsverfahren durchgeführt werden. Für das Anhörungsverfahren muß nach dem Gentechnikgesetz der Inhalt der Antragsunterlagen so dargestellt werden, daß Dritte beurteilen können, ob und in welchem Umfang sie von der Freisetzung betroffen werden können. Auch wenn sich durch solche Beteiligungsverfahren die Genehmigung einer Freisetzung möglicherweise verzögern kann: Transparenz und öffentliche Beteiligung sind unverzichtbare demokratische Grundsätze.

Um Transparenz zu schaffen und für Aufklärung über Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu sorgen, habe ich eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung vorbereitet, die in den nächsten Tagen eingebracht werden soll. Darin wird unter anderem nach Nutzen und Risiken der beantragten Freisetzungen sowie nach der ökologischen Begleitforschung und den Schutzvorkehrungen bei den Versuchen gefragt.

Den Wortlaut der Anfrage sowie die für März zu erwartende Antwort der Bundesregierung stelle ich Interessierten gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Dr. Marliese Dobberthien

Mitglied des Deutschen Bundestages