: Kriegstreiberei-betr.: "Grüne greifen zu den Waffen", taz vom 1.2.1993
Betr.: Grüne greifen zu den Waffen, 1.2.1993
(...)Die fadenscheinigen Begründungen (z.B. Verteidigung der Menschenrechte) zu zunehmender militärischer Interventions-Bereitschaft in den Krisengebieten der letzten Jahre (Golf-Krieg/Jugoslawien-Konflikt) sind nichts anderes als kalkulierte, gesteuerte bzw. ungehemmte Expansions-Politik des Westens.
Es muß deswegen Schluß gemacht werden mit der imperialistischen Kriegstreiberei und den in letzter Zeit permanent unhaltbar- einseitigen Stellungnahmen der Greueltaten von „Serben“ im jugoslawischen Bürgerkrieg.
Ohne Rechtfertigung „serbischer Kriegsverbrechen“ kann und darf nicht verschwiegen werden, daß sich auch die andere Seite — Kroaten, Bosnier — in der Praxis der Verbrechen nicht oder kaum von denen der Serben unterscheidet. Alle, die heutzutage zum militärischen Einsatz in Ex-Jugoslawien aufrufen, betreiben und unterstützen:
1. das Geschäft von Geld- und Großmachtinteressen der Weltmächte USA/BRD und anderer EG- Staaten (...)
2. eine gezielte, einseitige und manipulierte Verurteilung serbischer Menschenrechtsverletzungen und deswegen:
3. eine unverantwortliche und kriminelle Aggressions- und Vernichtungs-Politik gegen alle Menschen dieser Region! (wissentlich oder gerade auch aus Unkenntnis)
4. die Unterwerfung des Ostens unter die Führung des Westens und damit endlich:
5. die Kontinuität deutscher Südost-Expansion; hierzu ein Zitat des außenpolitischen Strategen der CDU Lamers: „Deutschland darf niemals mehr in eine Mittellage zwischen Ost und West kommen, sondern muß die ruhige Mitte Europas bilden; deshalb muß man den Osten zum Teil des Westens machen.“ (Zitat in FAZ, 25.4.92)
Ähnliche oder auch gleich Ambitionen hatte schon 1940 das Vorstandsmitglied von IG Farben Ilgner. Ilgner entwickelte zwischen Deutschland und Jugoslawien ein Verhältnis von Führer- zu Gefolgschaftsstaat. Der angestrebte Großwirtschaftsraum wurde letztlich mit militärischer Gewalt durchgesetzt.
Was NSDAP und Ustascha im 2. Weltkrieg mit den Serben gemacht haben, war glatter Völkermord und ein klerikal-faschistischer Ausrottungs-Kreuzzug. Diese grauenhafte Vergangenheit kann einfach nicht ohne Auswirkungen auf die derzeitige Situation bleiben!
Zu offensichtlich sind die Parallelen! Wieder sind deutsche Großmacht-Interessen im Spiel (deutsche Anerkennungspolitik/Genscher). Wieder stellt sich der Vatikan gegen Serbien. Und wieder gibt es kroatische Verbände, unter ihnen solche der faschistischen HOS- Partei, deren erklärtes politisches Ziel und deren Praxis im Bürgerkrieg erneut die Ausrottung und Vertreibung von Serben ist.
Dies war nachzulesen in linken und rechten Blättern, selbst Reißmüller in der FAZ gab es zu.
Aufgrund dieser und anderer historischer Fakten — unerwähnt sind noch die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Ursachen — kann kein Vernünftiger ein Eingreifen von Fremdmächten befürworten, zumal dieser Krieg von außen geschürt worden ist.
Mit freundlichen Grüßen Dieter Doose
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen