Abschieben in die Haft

■ Homosexualität kein Asylgrund

Berlin (taz) – Ein rumänischer Asylbewerber, der aufgrund seiner Homosexualität in seinem Heimatland verfolgt wurde, soll nach einem Urteil des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts jetzt abgeschoben werden. Wie der Bundesverband Homosexualität (BVH) gestern bekanntgab, hatte das Gericht in Lüneburg am 22.1. in letzter Instanz den Asylantrag des Rumänen abgelehnt (Az. 13 L 149/93). Das Urteil begründeten die Lüneburger Richter damit, eine homosexuelle Veranlagung stelle nur dann ein „asylrelevantes Persönlichkeitsmerkmal“ dar, wenn sie „nicht mehr irreversibel“, also umkehrbar sei. Wie jemand die „Irreversibilität“ seiner sexuellen Orientierung beweisen soll, ließen die Richter allerdings offen. In Rumänien drohen für sexuelle Beziehungen zwischen Personen gleichen Geschlechts Haftstrafen von einem bis zu fünf Jahren.

Entgegen der Begründung des Oberverwaltungsgerichts hat der Europäische Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen anerkannt, daß ein strafrechtliches Verbot homosexueller Handlungen einen Verstoß gegen die Menschenrechte darstelle. Der Bundestag erklärte im Oktober 1990 per Beschluß, die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung sei als asylbegründend anzuerkennen. Die Lüneburger Richter hingegen gingen davon aus, daß es in Deutschland „ohne Bedeutung“ sei, wenn ein Staat wie Rumänien das Strafrecht zum Schutz der „herrschenden Moralvorstellungen“ für nötig hielte.

Eine Verfolgung aufgrund der sexuellen Orientierung wurde in der BRD erst einmal als Asylgrund anerkannt. Einem schwulen Iraner wurde im August 1986 vom Wiesbadener Verwaltungsgericht Asyl gewährt, da ihm bei Rückkehr in seine Heimat die Todesstrafe drohte. Zwei Jahre später bestätigte der Bundesgerichtshof dieses Urteil. In der Begründung hieß es damals, die dem Asylbewerber im Iran drohende Bestrafung sei als politische Verfolgung zu werten.

Der BVH hat mittlerweile gegen die Entscheidung der Lüneburger Richter protestiert und die zuständigen Behörden aufgefordert, den Aufenthalt des abgelehnten Rumänen in der Bundesrepublik zu dulden. Außerdem fordert der Verband die Bundesregierung auf, dem unwürdigen Spiel der Juristen mit der Freiheit und dem Leben von Menschen ein Ende zu setzen und im Asylverfahrensgesetz klarzustellen, daß die Verfolgung von „Lesben und Schwulen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung asylbegründend ist“. flo