Zweiter Heimatsender für Ulrich Schamoni

■ Medienrat vergab Frequenz für ein regionales Fernsehprogramm/ Aus für FAB und Karsten Klingbeil

Berlin. Schamoni-TV heißt das neueste Produkt, das die Medienvielfalt der Hauptstadt bereichern soll. Nach monatelangem Gerangel entschied der Medienrat Berlin/Brandenburg, dem einstigen Jungfilmer Ulrich Schamoni die Lizenz für eine terrestrische Fernsehfrequenz (Kanal 5) zu erteilen. Während sich Schamoni freut, herrscht bei Berlins einzigem Alternativsender FAB Endzeitstimmung. FAB-Vorstandsvorsitzender Paul Stutenbäumer hatte im Vorfeld angekündigt, das FAB- Kabelprogramm einzustellen, falls es bei der Lizenzvergabe leer ausgeht. Schwarz ärgert man sich auch bei TBB-TV, dem zweiten mächtigen Antragsteller auf ein regionales Vollprogramm, wollte man den Berlinern doch einen „konservativen, positiven Sender für die Stadt“ bescheren. Stocksauer ist man aber auch in Köln: RTL hatte fest damit gerechnet, vom schwachen Kanal 56 auf den reichweitenstarken Kanal 5 wechseln zu können. Statt dessen hat nun der Gründer des Heimatsenders Hundert,6, Schamoni, den Zuschlag bekommen.

Im Unterschied zu TBB-TV, an dem das berüchtigte Berliner Baukartell beteiligt ist, besteht die Schamoni-Gruppe fast ausschließlich aus internationalem Kapital. Neben dem Gründer sind die Central European Development Corporation, die am ehemaligen Checkpoint Charlie einen gigantischen Bürokomplex bauen will, und der amerikanische Medienkonzern Time Warner, der auch Anteile beim Nachrichtensender n-tv hält, beteiligt. Außerdem ist es Schamoni gelungen, einen der reichsten Männer der Welt, George Soros, für sein Regional-TV zu begeistern. Zwanzig Prozent der Anteile werden noch für zukünftige Partner offengehalten.

Vom neuen Regional-TV erwartet der Medienrat „einen Beitrag zur Vielfalt des Gesamtprogrammangebots der in Berlin und Brandenburg empfangbaren Fernsehprogramme“.

Hervorgehoben wird auch, daß Schamoni eine „stärkere Berücksichtigung von Brandenburg und einen höheren Anteil von Eigen- und Auftragsproduktionen“ verspricht. Das muß er auch, denn sein Projekt ist trotz internationaler Kapitalgeber eine Low-Budget- Station, die sich ihren Standort und die Mannschaft erst noch zusammensuchen muß. Beim Aufbau seines Senders hofft Schamoni von den Erfahrungen bei Hundert,6 zu profitieren. „Heimat“ wird auch hier eine Hauptrolle spielen.

Mit seiner Entscheidung hat der Medienrat unter Vorsitz von Prof. Ernst Benda nicht zum ersten Mal seine Unabhängigkeit bewiesen, sah er sich doch im Vorfeld wachsendem Druck ausgesetzt. So soll beispielsweise RTL angedroht haben, Produktionen in dreistelliger Millionenhöhe aus der Stadt abzuziehen, falls der Kanal nicht an den Kölner Sender gehe. Auch die zweite Bewerbergruppe TBB-TV um Hundert,6-Chef Georg Gafron ließ alle Verbindungen spielen, um die Entscheidung zu beeinflussen. Die enge Verbindung zur Münchner Kirch-Gruppe, mit der schon ein Vorvertrag als Programmlieferent abgeschlossen war, sprach jedoch gegen sie, denn seit Monaten sind die Landesmedienanstalten auf der Jagd nach den Einflußfäden des Münchner Medienmoguls im deutschen Fernsehen.

Nachdem sich das Lizenzgremium mit der Entscheidung für Schamoni so weit aus dem Fenster gehängt hat, verschob es die Vergabe einer zweiten terrestrischen Frequenz. Das Ausschreibungsverfahren wird noch einmal eröffnet. Bis zum 6. April kann man sich noch um den Kanal 46 bewerben. Ilona Marenbach