Polizeireserve im rechten Zwielicht

Die kriminelle Verstrickung der Berliner Freiwilligen Polizeireserve führt zum Mißtrauensantrag gegen Innensenator Heckelmann/ Überprüfungsergebnisse von 1985 nicht auffindbar  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Der sicherheitspolitische Sprecher der Berliner CDU, Dieter Hapel, sah sich genötigt, „als Abgeordneter und Betroffener“ der Öffentlichkeit einen eher seltenen Einblick in die kriminale Vita seiner Parteifreunde zu gewähren. Auch sein Parteifreund Krüger, so Hapel gestern morgen vor dem Innenausschuß des Berliner Parlaments, sei „mindestens zweimal im Informationssystem Verbrechensbekämpfung erfaßt“ – einmal, weil der Weihnachtsbaum bei ihm gebrannt habe.

Das ungewöhnliche Outing sollte die übrigen Ausschußmitglieder davon überzeugen, wie schnell ein Unbescholtener Gegenstand polizeilicher Erfassung werden kann; auch wenn er, wie Krüger, Mitglied in der Freiwilliger Polizeireserve (FPR) ist. CDU- Mann Krüger dürfte folglich einer der 807 Fälle sein, in denen eine polizeiinterne Sonderkommission auf belastende Hinweise in den Personalakten stieß. Damit bietet fast jeder vierte der Hilfspolizisten Anlaß für eine intensive Überprüfung. Diese hat, bei bislang 118 abgeschlossenen Kontrollen, in immerhin 38 Fällen zu einer Entfernung aus dem Dienst geführt.

Während für den sicherheitspolitischen Sprecher der Grünen/ Bündnis 90, Wolfgang Wieland, damit feststand, daß „Halbwelt und Rechtsaußen zur FPR geströmt sind wie die Motten zum Licht“, freute sich Hapel, daß „wesentliche Vorwürfe entkräftet“ seien und die Kampagne zur Kriminalisierung der FPR ins Leere laufe. Hapels Freude speiste sich aus den Ausführungen des Staatsanwaltes Häberer zu dem rechtsradikalen Waffenschieberring, dessen Verstrickung mit der FPR Anlaß der Generalüberprüfung waren. Er dementierte, daß gegen einen FPR-Aktivisten auch wegen Mordes ermittelt werde. Daß aus diesem Kreis die Mörder eines DDR-Grenzpolizisten stammten, sei „zum gegenwärtigen Zeitpunkt reine Vermutung“.

Keine Vermutung ist hingegen seit gestern die Tatsache, daß die FPR wegen möglicher rechtsradikaler Verstrickungen bereits im Jahre 1985 überprüft wurde. Anlaß war seinerzeit der Fall des rechtsextremen Waffenhändlers Michael Abbas-Jacoub. Der „Waffenmeister der rechtsextremen Szene“ war gleichfalls Mitglied der FPR und hat sich seiner Verhaftung durch Selbstmord entzogen. Daraufhin war eine Überprüfung der Hilfspolizisten angeregt worden. Wie der Leiter der Sonderkommission, Günter Waldow, gestern erklärte, sei man bei den jetzigen Ermittlungen auf Hinweise gestoßen, daß seinerzeit „alle 3.000 aktiven Reservisten durch die Systeme gejagt wurden“. Welche Ergebnisse dieser Datenabgleich erbracht hat und wer von diesen Ergebnissen Kenntnisse hatte und hat, konnten weder Waldow noch Innensenator Heckelmann (CDU) erklären. Waldow wußte lediglich, daß mit den „Betroffenen Gespräche geführt wurden, daß sie sich selber aus der Reserve eliminieren, sprich kündigen“.

Von der Erhellung dieser Vorgänge als auch der aktuellen Überprüfung will die mitregierende SPD abhängig machen, ob sie weiterhin an der FPR festhalten wird. FDP und PDS haben sich ihr Urteil über den Sachverhalt als auch über die Verantwortlichkeit bereits gebildet. Sie werden am Donnerstag einen Mißtrauensantrag gegen Heckelmann ins Abgeordnetenhaus einbringen.