Kann viel, aber nicht alles glänzend

Liederabend mit dänischen Bariton  ■ Boje Skovhus

/ Schubert, Korngold und Wolf im Programm

Da grollt es aus dem Tiefsten, da rollt er mit dem 'R': „Grüß dich Deutschland aus Herzensgrund!“, entfährt es da seinem Mund. Der Däne und Bariton Boje Skovhus singt deutsches Liedgut. Schubert, Korngold, Wolf - ein Liederabend, der die musikalische Linie vom Biedermeier bis zur Spätromantik hörbar machte. Zwischen den Schubertvertonungen des frühen Goethe und den Eichendorffliedern Hugo Wolfs findet sich die ganze gespannte Ideologie des deutschen Bürgertums vom Aufbruch bis zur Resignation. Was kann, was will, was darf ein 30jähriger Däne mit dieser Tradition anfangen? — Erst einmal singen. Immer noch gilt Kammermusik als des Kenners höchstes Gut. Musikalität, Ausdrucksfähigkeit, Sensibilität, exzellente Stimmführung und phonetische Fertigkeit müssen zur Erstklassigkeit zusammenkommen. Von der Fülle des Wohlklangs, den zwei glänzend disponierten Bändchen im Hals nicht zu sprechen.

Eine ganze Menge für einen jungen Sänger, aber Boje Skovhus kann viel. Nicht alles ist gleich glänzend - die Verständlichkeit läßt zum Teil stark zu wünschen übrig — aber nicht alles was glänzt...

Die expressiven, deklamatorischen Augenblicke in der gleichwohl strengen Form Schuberts, die rauhe Selbstgewißheit „Schwager Kronos“ und „Promtheus“ waren gestalterische Höhepunkte des Abends. Ansonsten erreichte die unbeschwerte Jugendlichkeit des Sängers nicht die wohl erhoffte Ironie, zu der sich zumindest Wolfs Musik hergegeben hätte.

Das Timbre des Vokalisten, dem schon heftig Weltkarriere prophezeit wird, ist, so scheint mir, noch nicht ganz ausgereift. Die Stimme sitzt sehr gut, dürfte aber mit den Jahren noch einiges an Resonanz entwickeln — für lyrische Ausdruckskraft unabdingbar, die in Verbindung mit intellektueller Distanz das Nonplusultra wäre. Die besten Voraussetzungen bringt der Däne mit. Und in Helmut Deutsch einen hervorragenden Klavierbegleiter.

Martin Koziullo