US-Luftwaffe am Himmel über Bosnien?

■ US-Verteidigungsministerium bereitet Luftbrücke nach Ostbosnien vor / Militärs halten Abwurf von Hilfslieferungen nur aus geringer Höhe für sinnvoll / Clinton will vor allem politisches Signal setzen

Washington (wps/taz) – Aus dem US-Verteidigungsministerium waren am Montag optimistische Töne zu hören: „Schauen Sie gegen Ende der Woche in den Himmel über Ostbosnien“ oder „Wir werden es machen“ lautete die Auskunft auf die Frage, ob und wann die US-amerikanische Luftwaffe mit der Versorgung der ostbosnischen Städte durch airdrops beginnen werde. Eine letztendliche Entscheidung ist jedoch – so Präsident Clinton selbst – noch nicht gefallen. Am späten Dienstag abend wollte der Präsident mit UN-Generalsekretär Butros Ghali zu Beratungen über die Einrichtung der Luftbrücke zusammenkommen.

Obwohl die Planungen des Einsatzes bereits sehr konkret zu sein scheinen, ist die letztendliche Form weiterhin unklar. So wird zum einen über den Einsatz von besonders schnellen, jedoch in geringer Höhe und bei Dunkelheit fliegenden MC-130-Maschinen diskutiert, die mit speziellen, für die bosnische Berglandschaft benötigten Radargeräten ausgerüstet werden sollen. Um jedoch nicht in die Reichweite von Maschinengewehrfeuer und der serbischen Flugabwehrraketen zu geraten, wäre es andererseits nach Ansicht der Militärs besser, Transportmaschinen vom Typ C-130 Hercules in einer Höhe von 5.000 bis 10.000 Fuß fliegen zu lassen.

Dadurch wäre dann aber ein zielgenauer Abwurf kaum mehr möglich: Normalerweise werden Hilfsgüter aus einer Höhe von maximal 600 Fuß abgeworfen, bei einer Flughöhe von 5.000 Fuß ist mit einer Abweichung von 1,5 Kilometern zu rechnen, die Gefahr, daß die Lebensmittel auf der falschen Seite der Barrikaden landen, wäre entsprechend groß.

Nach Ansicht des ehemaligen Luftwaffenchefs Michael Dugan ist daher der Abwurf aus extremer Höhe ein Versuch, ein risikoreiches Unternehmen risikolos zu machen: „Wenn wir es tatsächlich ernst meinen mit der Versorgung aus der Luft, so hat nur der Abwurf aus geringer Höhe Sinn.“ Ausgeschlossen werden kann jedoch auch dann nicht, daß durch abgeworfene Lebensmittelpakete Menschen getötet werden.

Angesichts all dieser Einwände soll nach Ansicht mehrerer Mitarbeiter der US-Regierung durch die Luftbrücke denn auch in erster Linie ein deutliches „diplomatisches Signal“ ausgesandt werden. Clinton wolle zeigen, daß die bosnischen Muslime die Hauptopfer des Krieges seien. Erwartet wird zudem, daß der bosnische Präsident Alija Izetbegović, der am Dienstag nachmittag mit Präsident Clinton zusammentraf, angesichts der Zusage von US-amerikanischer Hilfe bereit sein wird, wieder am Verhandlungstisch in New York Platz zu nehmen. her