Sturzflug der Bilanzen

■ Prognose: Lufthansa ist 1994 pleite

Berlin (taz) — „Wir haben kein Interesse, uns selbst zu kannibalisieren“, meint Peter Höbel, Sprecher der Lufthansa. Der Billigticketverkauf Anfang des Jahres habe 406.000 Fluggäste zusätzlich in die Luft gelockt und so die sonst leeren Plätze aufgefüllt. Die Stammkunden, insbesondere Geschäftsleute, aber machten von derartigen Angeboten kaum Gebrauch, „weil sie für einen billigen Flug nicht ein Wochenende zusätzlich in London verbringen wollen.“ Die Aktion habe sich voll gerechnet. Und auch sonst versucht Höbel Optimismus zu verbreiten: Das Sanierungsprogramm laufe wie geplant. Schon 3.000 der ursprünglich 50.000 Stellen wurden gestrichen, Ende 1994 sollen nur noch 43.000 LufthanseatInnen übrig sein. „Bis spätestens 1995 hat die Lufthansa ein ausgeglichenes Ergebnis.“

Das aber bezweifeln nicht nur die Unternehmensberater von McKinsey, die der deutschen Fluggesellschaft einen Absturz schon für 1994 voraussagen – wenn nicht drastische Maßnahmen ergriffen würden. Obwohl der Beraterfirma sicherlich ein großes Interesse an einem lukrativen Sanierungsauftrag und damit Schwarzmalerei unterstellt werden kann, spricht vieles für eine mögliche Bruchlandung des Konzerns. Schätzungsweise 1,2 Milliarden Mark Verlust standen zum Jahresende in der Bilanz. Für jeden Sitzkilometer schlagen bei der Lufthansa 17 Pfennig zu Buche, die Auslastung der Flüge betrug nur 63 Prozent – beide Werte sind im Vergleich zu anderen Fluggesellschaften extrem ungünstig.

Ursache der Misere ist zum einen der mit rund 200 Maschinen große Flugzeugpark, mit dem die Lufthansa auch völlig unrentable Strecken abfliegt. Zudem wächst die Konkurrenz durch den EG- Binnenmarkt noch einmal drastisch. Eine Finanzspritze aus Theo Waigels Haushalt ist kaum zu erwarten, und eine weitere Privatisierung ist wegen der Rentenansprüche der Angestellten von der Versorgung des Bundes und der Länder (VBL) nicht möglich. aje