Shuttle-Diplomatie in Jerusalem

■ US-Außenminister Christopher verhandelt mit israelischen und palästinensischen Politikern über die Wiederaufnahme der Nahostgespräche

Tel Aviv (taz) – US-Außenminister Warren Christopher wurde bei seinen gestern begonnenen Gesprächen mit der israelischen Regierung ein frostiger Empfang zuteil: Auf Lastwagen brachten israelische Siedler etwa zehn Tonnen Eis und Schnee von den Golan-Höhen zum Sitz des israelischen Ministerpräsidenten in Jerusalem, wo Christopher sein erstes Treffen mit Jitzhak Rabin abhielt. Unterstützt von Westbank-Siedlern demonstrierten sie für das „Einfrieren der Verhandlungen mit Syrien“, weil sonst „der israelische Golan“ in Gefahr gerate.

Im Zentrum der Gespräche stand die Wiederaufnahme der bilateralen israelisch-arabischen Nahostgespräche. In israelischen offiziellen Kreisen geht man davon aus, daß die Verhandlungen in der zweiten Aprilhälfte unter Beteiligung aller bisherigen Partner wiederaufgenommen werden können. Es gehe jetzt nur noch um eine Lösung „technischer Probleme“ und um eine Formel, die es auch den Palästinensern ermögliche, wieder in Washington zu erscheinen, ohne bei der palästinensischen Bevölkerung auf allzu starken Widerstand zu stoßen. Weitere Konzessionen, die Israel aus diesem Grunde zur Beschleunigung der Rückkehr der Deportierten machen müsse, sollten aber im Rahmen der bestehenden israelisch-amerikanischen Absprache bleiben.

Der gesuchte Kompromiß läßt einstweilen auf sich warten. Bislang verlautete aus offiziellen Jerusalemer Quellen dazu nur, daß die israelische Regierung „eine beschleunigte Überprüfung“ der Deportationsentscheidungen zugesagt habe. Ansonsten hätten die israelisch-amerikanischen Gespräche bereits Fragen der nächsten bilateralen Runde berührt, vor allem die Aktivierung der US-Rolle und eventuelle Geheimgespräche zwischen israelischen und arabischen Politikern außerhalb der offiziellen Treffen, hieß es.

Am gestrigen ersten Treffen Christophers mit Vertretern der Palästinenser im Ostjerusalemer US-Konsulat nahmen auch Politiker teil, die dem bisherigen „Friedensprozeß“ skeptisch bis ablehend gegenüberstehen. Dem US- Außenminister wurde bei dieser Gelegenheit eine Beschreibung der zunehmend gravierenden Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten überreicht und eine Liste palästinensischer Forderungen an die Clinton Regierung. Weitere Gespräche mit Palästinensern und Israelis sind für den heutigen Mittwoch geplant.

Christopher war auf dem Umweg über Zypern erst am Montag abend aus der libanesischen Hauptstadt Beirut gekommen, wo er unter anderem mit Ministerpräsident Rafiq Hariri und Außenminister Faris Bueis konferiert hatte. Christopher wurde gebeten, sich für einen Rückzug Israels aus dem Südlibanon und eine Rückkehr der palästinensischen Deportierten einzusetzen, die nun schon seit zwei Monaten im Zeltlager an der israelisch-libanesischen Demarkationslinie ausharren müssen. Auch die Aufhebung des Luftverkehrsembargos gegen den Beiruter Flughafen wurde diskutiert, das Washington nach der Entführung einer US-Maschine 1985 verhängt hatte. Die Gespräche wurden von Gefechten im Südlibanon überschattet, die bereits in der Nacht zum Montag zwischen Hisbollah- Milizen und der von der südlibanesischen Armee (SLA) unterstützten israelischen Armee ausgebrochen waren. Ein Bombardement, das nach libanesischen Angaben von israelischen Flugzeugen durchgeführt wurde, nach UN-Angaben von der SLA, tötete einen nepalesischen Soldaten der UNO- Interimstruppen im Libanon (Unifil) und verletzte einen zweiten. Bei schweren Artilleriegefechten wurde in dem libanesischen Dorf Dschater ein Zivilist getötet. Amos Wollin