Neuer Kopf, alter Streit

■ Der Streit in der PDS-Fraktion geht weiter, obwohl Zotl mit knapper Mehrheit zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde

Berlin. Der Konflikt hatte sowohl den alten als auch den neuen Bundesvorsitzenden, als auch die Landesvorsitzende auf den Plan gerufen. Bisky, Gysi und Pau verfolgten am Dienstag bis in die Nacht hinein die Querelen in der Abgeordnetenhausfraktion der PDS.

Kurz vor Mitternacht schien eine Klärung erreicht, Peter Zotl kandidierte für den Fraktionsvorsitz, den Gesine Lötzsch eine Woche zuvor aus Protest geräumt hatte, um halb eins setzte er sich mit 10 zu 8 Stimmen gegen seine Vorgängerin durch.

Es habe, schätzt Zotl im nachhinein die Konfliktlage ein, „die reale Chance bestanden, daß die Fraktion zerbricht“, denn Lötzsch habe eine „Entscheidungsschlacht“ gewollt. Er hingegen wolle nun auf den demokratischen Meinungsaustrag setzen. Damit sind, nach Lötzsch Ansicht, die Widersprüche in der Fraktion überhaupt nicht erledigt.

In der PDS-Fraktion gärt schon längere Zeit ein Konflikt, der selbst für Eingeweihte kaum mehr entwirrbar ist und bei dem es, so Lötzsch, zu 90 Prozent um Psychologie geht. Zumindest die restlichen 10 Prozent sind jedoch von unterschiedlichen politischen Positionen geprägt, die sich aber kaum an den beiden Kandidaten festmachen.

Denn Zotl steht, so der Blickwinkel von Lötzsch, „eigentlich auf meiner Position“. Wohingegen Zotl und der Westberliner Fraktionslinke Harald Wolf „immer noch Pole sind“.

Lötzsch wirft Wolf vor, einen sektiererischen linksradikalen Kurs zu steuern und damit für eine Gruppe in der Fraktion zur Leitfigur geworden zu sein, bei denen „der Bezug zur Realität verlorengegangen“ sei. Hingegen wolle sie als parlamentarische Minderheit eine Politik für die Mehrheit machen.

Dieses von den Grünen hinlänglich bekannte Konfliktmuster wird „überlagert von der Ost-West-Geschichte“. So steht in der Debatte plötzlich die Sozialpolitik gegen das Anti-Olympia-Engagement. Lötzsch wurde von der Gruppe um Wolf vorgehalten, mit ihrem Ansatz die konservative Politik in der Stadt zu zementieren.

Zotl sieht darin einen „Kunstgegensatz“, er will zu dessen Behebung nun „konzeptionelle Vorstellungen entwickeln“. Zumindest bei einem Kernproblem der PDS setzt Lötzsch wenig Vertrauen in den neuen Vorsitzenden.

Als führender Mitarbeiter des ehemaligen gesellschaftswissenschaftlichen Instituts beim Zentralkomitee der SED habe er zur Stabilisierung des Systems beigetragen.

Deshalb verstärke er eher den Eindruck, die PDS sei nicht erneuerungsfähig. Dieter Rulff