„Mit dem Video bedrohen wir niemanden“

■ Eine Änderung des Olympia-Videos befürwortet Judith Demba nicht

taz: Was halten Sie von der Forderung der Fraktion, die umstrittenen Szenen im Olympia-Video abzuändern?

Judith Demba: Wir werden darüber mit den anderen MacherInnen des Videos reden. Ob daraus Konsequenzen gezogen werden, weiß ich natürlich nicht.

Treten Sie persönlich dafür ein, die Szene zu verändern?

Dazu kann ich mich noch nicht äußern. Ich werde mich aber dafür einsetzen, daß über die Empfehlung der Fraktion diskutiert wird.

Was halten Sie vom Vorwurf, der Film rufe zur Gewalt auf?

Wir haben den Film als Satire verstanden. Wir wollten einige Themen ansprechen, die eine Rolle spielen werden, wenn man sich vom IOC aus für Berlin als Olympiasitz entscheidet. Die Aufregung von Teilen des Bündnis90 kann ich nicht verstehen.

Der Grünen-Vorstand vertritt, der Film sei schließlich nur für die IOC-Mitglieder gedacht und nicht für die allgemeine Öffentlichkeit. Macht es einen Unterschied, ob man jemand privat oder öffentlich durch solche Bilder bedroht?

Wir bedrohen damit niemanden. Es sind zum Teil Bilder aus der Berliner Kampagne gegen den Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem Jahre 1988, die schließlich einen dokumentarischen Charakter haben. Überwiegend wird doch Gewalt von Polizisten gezeigt und keine gewalttätigen Demonstranten. Zweifellos war es naiv zu glauben, die Öffentlichkeit außen vor lassen zu können. Aber ich betone: Das Video war ursprünglich als persönliches Geschenk für die IOC-Mitglieder gedacht und nicht als Anreißer einer öffentlichen Diskussion.

Aber was soll einem IOC-Mitglied mit der Schlußszene eines offenbar wurfbereiten Autonomen gezeigt werden?

Die Szene ist im Zusammenhang mit den vorhergehenden Bildern aus der IWF-Kampagne zu sehen. Was wir damit verdeutlichen wollten, ist die Tatsache, daß es in Berlin in der Vergangenheit Proteste gegen solche Art von Großveranstaltungen, wie es Olympia werden wird, gegeben hat. Angesichts der vorhandenen sozialen Probleme stellt sich beim Thema Olympia doch die Frage, ob dadurch nicht der Protest noch wächst. Zu diesem Nachdenken sollten die Bilder bei den IOC- Vertretern auch anregen.

Ist das Zeigen solcher Bilder nicht ein Kokettieren mit Gewalt?

Nein. Es ist eine überspitzte Darstellung von Situationen, die sich in dieser Stadt ereignen. Weder finden wir das Werfen von Steinen gut, noch soll es eine Drohung darstellen.

Wie beurteilen Sie die harsche Kritik von Bündnis 90?

Ich begrüße es, wenn nun eine längst überfällige inhaltliche Debatte angezettelt wird. Sie muß einfach stattfinden, wenn man sich in naher Zukunft zusammenschließen will. Ausgehend vom derzeitigen Anlaß könnte man sich nun auch mit den unterschiedlichen Sichtweisen etwa zur strukturellen oder staatlichen Gewalt, zum Rechtsstaat und anderen Themen auseinandersetzen. Interview: Severin Weiland