■ Mit dem Job-Ticket auf du und du
: Kein Umsteiger

Die Bundesregierung hat es vor einigen Tagen angekündigt: Job-Tickets sollen steuerlich begünstigt werden. Solche Monatskarten für den öffentlichen Nahverkehr, die ein Betrieb für alle seine Mitarbeiter zentral einkauft, kann das Unternehmen dann billig oder sogar gratis an seine Beschäftigten weitergeben. Die erhoffte Konsequenz: wer ein solches Job-Ticket hat, fährt nicht mehr mit dem Auto zur Arbeit, sondern mit S- und U-Bahn. Und die Städte kämen dem verkehrspolitischen Ziel Nr. 1 ein Stück näher – weniger Autoverkehr auf den Straßen.

Doch so einfach wird's nicht funktionieren. Eine Studie von „Socialdata“ in Stuttgart hat gezeigt, was passiert, wenn die Berufstätigen auf den öffentlichen Verkehr umsteigen und ihren Wagen in der Garage lassen: Dann stürzen sich die Familienangehörigen gierig aufs Auto. Sie erledigen damit nun viele Wege, die vorher noch zu Fuß, mit dem Fahrrad oder der Straßenbahn möglich waren. Fazit der Studie, so Socialdata-Chef Werner Brög: Wenn ein Familienvater morgens zum Arbeitsplatz fährt und dort acht Stunden parkt, kann das ökologisch gesehen günstiger sein, als wenn das Auto tagsüber von der Familie genutzt wird – zum Einkaufen, für den Weg zur Kita, zum Besuch von Freunden.

Ähnlich problematisch wie diese Kilometer-Bilanz dürfte die finanzielle Bilanz für die Verkehrsbetriebe aussehen. Denn die Job-Tickets reißen gewaltige Löcher in die Kassen. Im Ruhrgebiet zum Beispiel kostet ein Job-Ticket 22 Mark für einen Monat – anstelle von 59 Mark für eine normale Monatskarte. Das zusätzliche Defizit geht in die Millionen.

Die Verkehrsbetriebe halten dagegen, daß mit diesem niedrigen Preis ja neue Kunden angezogen werden. Doch selbst das stimmt nur zum Teil. Denn es entsteht das Phänomen, das die Ökonomen „Mitnahmeeffekt“ nennen: wer schon vorher eine Monatskarte hatte, kann die Vergünstigung einfach „mitnehmen“, ohne daß er sein Verhalten ändert. Im Ruhrgebiet zahlt er also statt 59 nur noch 22 Mark, doch er fährt noch genausoviel Bahn (und Auto) wie vorher. Die paar echten Neukunden sind mit einem Millionendefizit teuer erkauft.

Wer also bei den Fahrpreisen von S- und U-Bahn ansetzen will, wählt den falschen Weg – Billigangebote wie das Job-Ticket helfen dem öffentlichen Nahverkehr nicht weiter. Wenn man erreichen will, daß Autofahrer umsteigen, hat man nur ein Mittel: Den Preis für das Autofahren hinaufsetzen – durch die Erhöhung der Mineralölsteuer. Felix Berth