Dienels Reue „schwindsüchtig“

■ Gericht bestätigt im Berufungsverfahren gegen den Neonazi Dienel altes Urteil

Gera (taz) – Der 31jährige Vorsitzende der „Deutschen Nationalen Partei“ (DNP), Thomas Dienel, muß für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Das gestern gefällte Urteil der Geraer Berufungsinstanz entspricht damit dem der ersten Instanz. Die Vorwürfe der Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener wurden bestätigt und dem Antrag des Staatsanwaltes, die Berufung zu verwerfen, in vollem Umfang stattgegeben.

In der ersten Instanz in Rudolstadt hatte Dienel noch markige Sprüche geklopft – gestern verhielt er sich ruhig und wohlerzogen und füllte so seinen dunkelgrauen Nadelstreifenanzug recht gut aus. Von seiner Rede am 13.9.1992 in einer Gaststätte wollte er jedoch inhaltlich nichts zurücknehmen oder beschönigen. „Wir sagen's klipp und klar, wenn das Bonner Judenregime so weitermacht, werden noch mehr Neger und Fidschis brennen“, „Auschwitz, Dachau, Buchenwald, da machen wir die Juden aufs neue kalt“ und „In Auschwitz wurde niemand umgebracht, ich sage, leider wurde niemand umgebracht.“ Dies sind nur einige der Kostproben, die ihm den Vorwurf der Volksverhetzung einbrachten.

In seinem Schlußwort schwadronierte Dienel: „Wegen der Meinungsäußerungsfreiheit kann ich wegen der Rede überhaupt nicht bestraft werden.“ Einsichtiger zeigte er sich hinsichtlich des Vorwurfs der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener: „Die Sache mit Galinski finde ich im nachhinein nicht mehr in Ordnung.“ Die gemeinte Verunglimpfung bezog sich auf eine Tat unmittelbar nach dem Tod Heinz Galinskis. Dienel war mit drei „Kameraden“ und zwei Schweinekopfhälften bei der Jüdischen Gemeinde in Erfurt aufgetaucht. Die Schweineköpfe hatte er über die Umzäunung geworfen, nachdem der dortige Hausmeister die Annahme des „Geschenkes“ verweigert hatte. Anbei lag ein Zettel mit der Aufschrift: „Das Schwein Galinski ist endlich tot“. Der Staatsanwalt hatte in seinem Plädoyer erklärt, wenn Dienel überhaupt Reue zeige, dann eine „schwindsüchtige“.

In der gestrigen Verhandlung hatte ein Polizist seine im Dezember vor dem Kreisgericht Rudolstadt gemachte Aussage zurückgenommen. Im Zeugenstand erklärte er, der Gründer der „Deutschen Nationalen Partei“ habe nicht nach Alkohol gerochen, als er sich nach dem barbarischen Akt auf dem Gelände der Jüdischen Synagoge in Erfurt der Polizei stellte. Der Verteidiger Reinhard Härtel hatte daraufhin dem Beamten eine Verletzung seiner Dienstpflicht vorgeworfen, da er die damals gemachten Aussagen des angeblich stockbetrunkenen Dienel zu Protokoll gegeben hatte. Der Anwalt versuchte das Strafmaß unter Hinweis auf ein Fehlverhalten des Polizisten zu drücken. Dieser hätte die Aussage eines Betrunkenen nicht protokollieren dürfen. Die Verteidigung hatte eine zweijährige Freiheitsstrafe auf Bewährung beantragt.

Markige Reden will der Angeklagte in Zukunft mit seinem Anwalt absprechen, um nicht erneut wegen Verunglimpfung zur Rechenschaft gezogen zu werden. Julia Albrecht