Kuschelige Briefe an Julia

■ Elvis Costello alias Mister MacManus gastierte in der Musikhalle

alias Mister MacManus gastierte in der Musikhalle

„Das ist alles golden — aber es sieht nur so aus“, kommentierte ein circa siebenjähriger Naseweis das barocke Dekor der Musikhalle. Tja, Elvis Costello-Fans haben gescheite Kinder. Sie schwärmen immerhin für einen Songwriter, der als einer der intellektuellsten musikalischen Köpfe des britischen Inselreiches gilt.

Seit Beginn seiner „recording-career“ im Jahre 1976 als Wave- Rock‘n Roll-Punk unternahm Elvis Costello immer wieder Ausflüge ins Land der stilistischen Vielfältigkeit. Ob nun als Chansonnier, Country- Sänger oder Komponist für Paul McCartney — der 38jährige Engländer will ständig seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Nicht als Napoleon Dynamite and The Royal Guard oder als The Emotional Toothpaste, sondern ganz schlicht unter seinem Dauerpseudonym Elvis Costello stellte Declan Patrick Aloysius MacManus sein neuestes Projekt The Juliet Letters vor.

Mit dem Londoner Streicherensemble The Brodsky Quartet verpaßte er dem außergewöhnlichen Schriftwechsel ein kammermusikalisches Gewand: Ein Veroneser Professor beantwortet alle Briefe, die an Shakespeares Julia Capulet adressiert in Italien eintreffen. Es sei schon recht merkwürdig, daß Menschen an eine imaginäre Frau schreiben, erklärte Costello, „doch es gibt ja auch Leute, die schreiben an den Weihnachtsmann“.

Außergewöhnlich präsentierte sich auch die Bühnenbeleuchtung. Von circa 1000 Watt nicht gerade kuschelig in Szene gesetzt, stand Costello in blau-grünem Jacket zwischen seinen vier Musikern. Bisweilen wirkte er wie ein kleiner Junge, der nur darauf wartet, von seiner Mammi ob seiner Reife gelobt und zärtlich über den Kopf gestreichelt zu werden.

Doch seien wir nicht ungerecht, es war ein Abend, der nichts zu wünschen übrig ließ. Zwar wurden die Stücke perfekt wie von der CD dargeboten, durch die Live-Atmosphäre entwickelten sie allerdings weit mehr Dynamik. Zugaben ohne Ende, Glanz in den Gesichtern der Akteure — ein gerührtes „Thank you for the very warm welcome“ auf den Lippen — und ein tosendes Publikum. Gregor Gerlach