Wulff blieb blaß

■ CDU-Hoffnungsträger und Spitzenkandidat für die Landtagswahl tingelt über Dörfer

In der Küche dampft der Braunkohl. Für Blasmusik sorgt eine kleine Kapelle aus Sachsen- Anhalt. Politischer Aschermittwoch der CDU in Wolfenbüttel. So richtige Stimmung will bei den über 300 Gästen vor allem aus der älteren Generation nicht aufkommen. Freundlich bleibt der Applaus, als der Hauptredner, ein smarter 33 Jahre alter Rechtsanwalt mit randloser Brille, kurzem Haarschnitt und dunklem Anzug, mit halbstündiger Verspätung einzieht.

Christian Wulff, der im nächsten Jahr als CDU-Spitzenkandidat dem Sozialdemokraten Gerhard Schröder die Macht in Niedersachsen entreißen will, steht ein schwieriger Auftritt bevor. Hier im ehemaligen Zonengrenzgebiet hat die CDU eine andere Wähler- und Mitgliedschaft als bei Wulff zu Hause im Emsland. Viele Vertriebene haben sich hier nach 1945 angesiedelt. Die Union in Wolfenbüttel steht politisch weit rechts. Es ertönt das Niedersachsen-Lied. Der junge Hauptredner singt pflichtgemäß mit: –Heil Herzog Widukinds Stamm“. Seine Stilrichtung ist das nicht, er steht eher auf Softpop von Jennifer Rush.

Zu Beginn seiner Rede schmeichelt er artig, er habe schon viel von diesem Aschermittwoch gehört. Die Veranstaltung hat Tradition: Ernst Albrecht, Lothar Späth ebenso wie Rechtsausleger Heinrich Lummer und Gerhard Löwenthal haben hier schon für Stimmung gesorgt. Und natürlich Niedersachsens CDU-Haudegen Wilfried Hasselmann, der im vorigen Jahr Rot-Grün so richtig einheizen durfte.

Wulff bleibt bei den leisen Tönen. Wie ein Anwalt in eigener Sache spult er seinen Text herunter. Der Funke springt nicht über. Wulff spricht bald davon, die rot- grüne Regierung abzulösen, eine Wende zur Union herbeizuführen in Niedersachsen, das wegen seiner Bodenständigkeit CDU-regiert gehöre. Kein Beifall. Er greift Schröder an: –Niedersachsen braucht keinen Testfahrer und keinen Schauspieler“. Hier und da ein Lacher.

Dann endlich hilft –Trittin“, der Minister mit der kommunistischen Vergangenheit, der im Ausland mit seinen Londoner Thesen zum Rassismus in Deutschland das Ansehen seines Landes beschädigt habe. Nach 15 Minuten bekommt Wulff den ersten Applaus. Die Asylpolitik, die Innere Sicherheit, zwischendurch nochmal ein Schwenk zu Trittin bringen wieder Zustimmung.

Nach einer dreiviertel Stunde bedankt sich der CDU-Hoffnungsträger wieder artig –für Ihre Aufmerksamkeit“. Nachfragen kommen, zum Beispiel zur Oder- Neiße-Grenze. Nein, er teilt nicht die Ansicht des jungen Fragestellers, daß deren Anerkennung eine –einseitige Aussöhnung mit Polen“ sei. Aber er akzeptiere diese Meinung. Ernst-Henning Jahn, der CDU-Lokalmatador sieht sich genötigt, zum Abschluß den Vertriebenen zuzurufen, es sei schon richtig, daß die CDU mit ihrer Ostpolitik zu lange falsche Erwartungen wachgehalten habe. Der Saal erhebt sich zur Nationalhymne. Als dann Braunkohl und Bregenwurst serviert werden, ist Wulff schon wieder unterwegs zur nächsten Veranstaltung in Hannover. dpa