Täglich 2.200 Laster durch Pankow

■ Senat plant Recyclingpark in Pankow/ Protest formiert sich

Pankow. Besuchen Sie Pankow, solange es dort noch nicht stinkt. Bald schon soll im Nordosten Berlins ein gigantisches Abfall- und Müllzentrum entstehen, so beabsichtigt es der Senat. Nach einem Vorentwurf zum Flächennutzungsplan sollen 1,7 Quadratkilometer entlang der Schönerlinder Straße in Pankow für die Errichtung eines „Umwelt- und Recyclingparks“ bereitgestellt werden.

Viele Pankower erfüllt das Vorhaben mit großer Sorge. Am Wochenanfang fand deswegen eine Versammlung statt, bei der die dritte Bürgerinitiative gegen das Projekt gegründet wurde.

Dort, wo sich heute Rieselfelder befinden, in der Umgebung der Siedlung Lindenhof, sollen verschiedenste Abfallbeseitigungsanlagen errichtet werden, unter anderem zur Müllverbrennung und zur Biomüllkompostierung, zur Bodenreinigung, zur Kunststoffaufbereitung, zur Verwertung von Elektronikschrott und zum Bauschuttrecycling. Hinzu kommen Werke zur Demontage von jährlich 100.000 Autos und 150.000 Kühlschränken. Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher des Bündnis 90/Grüne: „Ein Müllzentrum von diesen Ausmaßen ist mir in Deutschland nicht bekannt.“

Die Pankower konnten sich auf ihrer Versammlung ausmalen, was auf sie zukommt. Hans-Joachim Bork von der Grünen Liga verdeutlichte die zu erwartende Ausdehnung des Verkehrs. Für die Belieferung des Recyclingparks, rechnete er vor, müßten täglich 2.200 Müllfahrzeuge eingesetzt werden. „Bildlich ausgedrückt ist dies eine Brummikolonne, die bei Tempo 50 drei Stunden an uns vorbeirollt.“ Zudem wies er darauf hin, daß in der Hauptwindrichtung der geplanten Anlagen das Klinikum Buch liege, welches „seine Entstehung als Zentrum der Lungenheilkunde der einstmals guten Luft zu verdanken“ habe. Hartwig Berger kritisiert die geplante Biokompostierungsanlage. Die veranschlagte Kapazität von 200.000 Tonnen pro Jahr sei bislang weltweit unübertroffen. Daß eine so groß angelegte Kompostierung noch beherrschbar sein solle, schien ihm zweifelhaft.

Einhellig wandten sich die Pankower Bürgerinnen und Bürger gegen die Anlage zur Müllverbrennung, die mit einem Verarbeitungsvermögen von 600.000 Tonnen pro Jahr größer als die in Ruhleben werden soll. Einig war man sich, daß Müllbeseitigung dezentral und in überschaubaren Anlagen stattfinden sollte – nicht allein aus eigenem Interesse, sondern auch, weil es umweltverträglicher sei und Verkehr einspare. Zudem aber müsse endlich mit einschneidenden Maßnahmen zur Müllvermeidung ernstgemacht werden. „Denn“, so formulierte es einer der Anwesenden, „wir sehen nicht ein, daß wir die Müllkippe Berlins werden.“ Nikolas Müller-Plantenberg