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Erneut Frauenvertreterin gekippt

■ 150 Frauen protestierten beim SFB-Intendanten gegen die Absetzung ihrer gewählten Vertreterin plus Stellvertreterin

Berlin. Erst geschmeichelt, dann erschrocken muß SFB-Intendant Günther von Lojewski aus dem Anzug geguckt haben, als ihm vorgestern nachmittag rund 150 Frauen auf die Bude rückten. Anlaß: Das Oberhaupt des SFB hatte die seit einem Jahr arbeitende Frauenvertreterin samt ihrer Stellvertreterin mit sofortiger Wirkung von ihrem Posten enthoben. Innerhalb von nicht mal einer Stunde war die Nachricht im Hause rum und die Frauen vor der Tür. Aber viel konnten sie nicht ausrichten: Der Intendant habe gar nicht anders handeln können, so die Rechtsabteilung des Senders gegenüber den Frauen und gegenüber der taz.

Der juristisch komplizierte Hintergrund: Das Verwaltungsgericht hatte die Wahl und Bestellung der Frauenvertreterinnen, die nach dem Landesantidiskriminierungsgesetz für eine geschlechtsparitätische Stellenbesetzung im öffentlichen Dienst sorgen sollen, für unwirksam erklärt. Dem Gesetz sei nämlich keine ausformulierte Wahlordnung beigefügt worden. Fatale Konsequenz des Urteils: Mehrere Frauenvertreterinnen in Bezirksämtern und im Studentenwerk wurden bereits ihres Amtes enthoben, nachdem andere gegen ihre Bestellung geklagt hatten, und die noch arbeitenden müssen um ihren Posten zittern – bis zu einer angeblich für August geplanten Novellierung des Gesetzes.

Als nun auch im SFB eine Frau Widerspruch gegen die Wahl der Frauenvertreterin einlegte, sei dem Intendanten der letzte Rest Ermessensspielraum genommen worden, so die Darstellung einer Mitarbeiterin der Rechtsabteilung. Allerdings lasse er jetzt prüfen, ob vielleicht auch eine nichtgewählte Frau im Auftrag des Hauses, allerdings mit abgeschwächten Kompetenzen, die Aufgaben einer Frauenvertretung wahrnehmen könne. Rein theoretisch, hieß es in der Rechtsabteilung, könne das auch die Ex-Frauenvertreterin sein. Aber die organisatorische Form müsse erst geprüft werden.

Diese selbst war nicht zu erreichen. „Die Frauenvertreterin ist mit Wirkung vom 24. Februar nicht mehr im Amt“, nudelte es von ihrem Anrufbeantworter. Die Gleichstellung im SFB muß also weiter warten: Von seinen 1.300 Mitarbeitern sind rund 45 Prozent weiblich, von den Redakteuren jedoch nur acht Prozent. usche

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