Ein Groschen pro Autobahnkilometer

■ Verkehrsminister Krause dementiert heftig konkrete Mautgebühren

Berlin (taz) – Verkehrsminister Günther Krause dementierte mal wieder „mit Entschiedenheit“: die Meldung in der Bild-Zeitung, er wolle von den Autofahrern für jeden gefahrenen Autobahnkilometer 10 Pfennig abkassieren, sei falsch und eine „mutwillige Verunsicherung der Bürger“. Das Blatt, das sich mit Inbrunst zum Fürsprecher der angeblich geknechteten BlechkistenbesitzerInnen macht, berief sich auf interne Papiere des Ministeriums. Demnach rechnet Krause damit, daß auf diese Weise 15 Milliarden Mark jährlich zusammenkommen.

Mit der Aussicht auf solchen Geldsegen sollen Aktionäre für ein privat betriebenes Autobahnnetz angelockt werden. Am 3. März muß Krause Farbe bekennen und konkrete Vorschläge seinen RegierungsgenossInnen und VertreterInnen der Koalition vorlegen.

Daß er zunächst eine Vignette will, die dann etwa 1998 durch ein Mautsystem abgelöst wird, hat er bereits angekündigt. Ob er aber Gebührenvorstellungen nennt, darf bezweifelt werden. Schon gestern sagte er, er wolle erst einen Feldversuch im Herbst abwarten.

Im Jahr 1990 wurden auf bundesdeutschen Autobahnen rund 135,5 Milliarden Kilometer abgefahren, so daß bei gleichbleibendem Verkehrsaufkommen und einem Kilometerpreis von 10 Pfennig etwa 13,5 Milliarden Mark in die Kasse kämen. „Es ist damit zu rechnen, daß viele Autofahrer dann andere Verkehrswege benutzen“, meint Karl-Otto Schallaböck vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Außerdem hält er 10 Pfennig für einen viel zu geringen Preis, weil die ökologischen und sozialen Kosten allein schon mit 10 bis 50 Pfennig veranschlagt werden müßten. „Die Erhöhung der Mineralölsteuer ist der Königsweg: Vielfahrer und Leute mit aufwendigen Fahrzeugen müßten am meisten zahlen“, so der Verkehrswissenschaftler, der eine Steigerung des Literpreises von 5 Pfennig pro Monat vorschlägt. Aber Krause sperrt sich gegen höhere Mineralölsteuern, weil das so eingenommene Geld in Theo Waigels Geldsack fließen würde; die Verfügbarkeit für neue Straßen wäre nicht garantiert.

In Frankreich, wo die Autobahnen von verschiedenen privaten Gesellschaften betrieben werden, kostet die Benutzung eines Kilometers durchschnittlich 10,3 Pfennig. In Italien werden etwa 10,4 Pfennig fällig. Am teuersten in der EG ist zur Zeit eine Autobahnreise in Spanien: dort müssen an den Mautstationen zwischen 13,7 und 15,8 Pfennig pro Kilometer abgeliefert werden. Billig kommen hingegen die AutofahrerInnen in Griechenland davon, die magere 1,5 Pfennig zahlen müssen. Österreich erhebt Pauschalpreise für verschiedene Autobahnabschnitte – einmal über den Brenner kostet 19 Mark. In der Schweiz darf man für 34,50 Mark auf allen Schnellstraßen ein Jahr lang rumkurven. Am billigsten ist die freie Fahrt in Deutschland. Sollte eine Maut von 10 Pfennig pro Kilometer eingeführt werden, würde die Reise von Hamburg nach München und zurück etwa 160 Mark Straßenbenutzungsgebühr pro Auto kosten. Mit einem Supersparpreisticket der Bahn kostet die Reise 170 Mark – und weder Benzingeld noch Reperaturkosten oder KfZ-Steuern werden dabei fällig.

Das Rasen und Staustehen auf Autobahnen ist wohl nicht zuletzt wegen des billigen Angebots in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Fast 30 Prozent der insgesamt zurückgelegten Kilometer wurden auf Autobahnen absolviert, die inzwischen fast 11.000 Kilometer lang sind. Annette Jensen