Rassismus verharmlost

UNO: Baum will verhindern, was niemand gefordert hat  ■ Von A. Zumach

Genf/Bonn (taz) — Die von Gerhart Baum (FDP) geleitete Bonner Delegation bei der in Genf tagenden UNO-Menschenrechtskommission will heute etwas „verhindern“, was in der von Baum behaupteten Form überhaupt nicht „droht“: eine „singuläre“ Verurteilung der Bundesrepublik wegen der zahlreichen fremdenfeindlichen und rassistischen Ausschreitungen des letzten Jahres sowie die Bestellung eines Sonderberichterstatters mit der spezifischen Aufgabe, die Situation in Deutschland zu untersuchen.

Die aus 53 Staaten bestehende Menschenrechtskommission will heute über eine Resolution abstimmen, in der „neue Formen von Fremdenfeindlichkeit in entwickelten Ländern“ verurteilt werden sollen.

Für eine solche Resolution hatte sich in den letzten Tagen neben islamischen und lateinamerikanischen Staaten auch Norwegen eingesetzt. Tatsächlich werden in dem Resolutionstext wie in dem auf drei Jahre befristeten Mandatsvorschlag für den Sonderberichterstatter weder Deutschland noch irgendein anderes Land konkret genannt.

Genau diesen Eindruck hatte Ex-Innenminister Baum jedoch auf einer Pressekonferenz am Mittwoch in Bonn erweckt und angekündigt, er werde sich dafür einsetzen, die „drohende Singularisierung“ Deutschlands zu „verhindern“. Deutschland sei „kein Apartheid-Regime“.

Im Verlauf der Kommissionsdebatte hatten die Vertreter verschiedener Staaten — darunter die Türkei, aber auch Norwegen — auf die wachsende Fremdenfeindlichkeit in vielen Industriestaaten verwiesen und in diesem Zusammenhang auch auf die knapp 5.000 gewalttätigen Übergriffe auf AusländerInnen in Deutschland im Jahre 1992. Diese „einzelnen Vorfälle“ seien jedoch von staatlich gedeckter Fremdenfeindlichkeit in anderen Ländern zu unterscheiden, erklärte Baum.

In Deutschland werde die Fremdenfeindlichkeit „von der Regierung bekämpft“. Den Befürwortern der Resolution warf Baum vor, von „viel schlimmeren Menschenrechtsverletzungen in ihren eigenen Ländern ablenken“ zu wollen. Die deutsche Delegation strebe eine völlig allgemein gehaltene Resolution ohne Einschränkung auf Regionen oder bestimmte Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit an.

Die Äußerungen Baums stießen in Genf bei zahlreichen Beobachtern, darunter den hier akkreditierten Korrespondenten deutscher Medien, auf großes Befremden. Der übereinstimmende Eindruck: Baum habe „sich und die angeblich Deutschland drohende Gefahr fürchterlich aufgeblasen, um sich dann in Bonn als derjenige zu profilieren, der das Schlimmste noch verhindert hat“, hieß es.

Der Vorgang erinnert an den Genfer Auftritt von Ex-Justizminister Richard Jäger (CSU), Baums Vorgänger als Delegationsleiter (bis 1990) im Februar 84. Der wegen seiner Befürwortung der Todesstrafe auch „Kopf-ab-Jäger“ genannte Politiker wies damals Warnungen vor einem Wiederaufflammen des Neonazismus in Deutschland mit den Worten zurück, „rechtsextremistische Gruppierungen“ hätten in der BRD „keine Chancen“.

Bonn habe „nie gezögert, von den im Grundgesetz geschaffenen Instrumentarien gegen die Feinde der Demokratie Gebrauch zu machen“, meinte er damals.