EG-Minister bleiben stahlhart

■ Bis Ende September müssen die Stillegungspläne für die Stahlwerke feststehen

Brüssel/Berlin (taz/dpa/AP) – Die Europäische Gemeinschaft beharrt weiter auf dem längst überfälligen Kapazitätsabbau der Stahlbranche. Auf welche Mengen welches Land künftig verzichten und welcher Konzern welche Hütten stillegen soll, das sollen die Stahlunternehmen aber unter sich aushandeln. Das haben die für Industriepolitik zuständigen Minister der EG-Staaten gestern bei ihrer Sondersitzung in Brüssel beschlossen. Spätestens Ende September muß die Stahlindustrie ein detailliertes und verbindliches Konzept vorlegen, das einen koordinierten Abbau der Produktionsüberschüsse bis Ende 1994 gewährleistet. Die auch in Deutschland erhobene Forderung nach einem Strukturkrisenkartell lehnte der Sonderrat dagegen ab. Der „Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (EGKS) sieht für rezessive Zeiten die Möglichkeit von Produktionsquoten und Festpreisen vor. So weit wollten aber selbst die Minister nicht gehen.

Der Sonderrat folgte damit weitgehend dem von der EG-Kommission vorgelegten Plan, der von einem Kapazitätsabbau von rund 50 Millionen Tonnen und dem Verlust von mindestens 50.000 der 370.000 Arbeitsplätze in der europäischen Stahlindustrie ausgeht. Die bisherigen Zusagen der Unternehmen, so die Minister, reichten bei weitem noch nicht aus, um das von der EG-Kommission empfohlene Ziel zu erreichen. Unklar blieb jedoch, wer die Rechnung für die insgesamt auf sechs Milliarden ECU (rund 12 Mrd. Mark) geschätzten Kosten für die Umstrukturierung tragen soll. Zur sozialen Abfederung hat der für Industriepolitik zuständige EG-Kommissar Bangemann zunächst 240 Millionen ECU aus dem Haushalt der Montanunion (EGKS) versprochen, die national um die gleiche Summe ergänzt werden sollen. Aber selbst das würde nicht ausreichen, um jedem arbeitslosen Stahlarbeiter mit etwa 9.000 ECU unter die Arme zu greifen.

Die Minister und EG-Kommissare wollen auch verhindern, daß unrentable Unternehmen durch Subventionen lebensfähig gehalten werden. EG-Kommissar Karel van Miert machte besonders gegenüber spanischen und italienischen Forderungen deutlich, daß weitere Beihilfen nur mit gleichzeitigem Kapazitätsabbau genehmigt würden. Auch Wirtschaftsminister Günter Rexrodt sagte, er wolle nicht, daß die Rückführung durch nationale Subventionen umgangen werde. Zugleich erwartet aber die Regierung, daß bei Einzelentscheidungen, etwa für das Eisenhüttenstädter Stahlwerk EKO, staatliche Beihilfen nicht ganz verboten werden. Bleiben sie aus, fürchtet die IG-Metall den Verlust von 14.000 der derzeit 24.000 Stahlarbeitsplätze im Osten.

Zum Außenschutz der europäischen Stahlkocher vor Billigimporten aus Osteuropa zeichnete sich ebenfalls eine Lösung ab, die darauf hinausläuft, für eine Reihe von Staaten Zollkontingente voraussichtlich bis 1995 auszuhandeln. Stahlverbands- Chef Ruprecht Vondran forderte eine breitere Verteilung der Kosten bei anstehenden Stillegungen. Diese dürften nicht ausschließlich von Aktionären und Belegschaften der leistungsschwächeren Unternehmen getragen werden. Aus Protest gegen die Stillegungspläne soll am 4. März bei Krupp-Stahl und Hoesch in Dortmund die Produktion für 24 Stunden ruhen. Dies kündigten gestern die Betriebsräte an. es Kommentar Seite 10