Todschicker Spielplatz für die Medien

■ Medien-Zentrum Zeisehallen fertig / Schönheit für alle und Verkehrskonzept für sozialen Frieden in Ottensen

fertig/Schönheit für alle und Verkehrskonzept für sozialen Frieden in Ottensen

Parkhaus, Rollbrett-Bahn, Supermarkt — das alles sollte mal aus den Zeisehallen werden, nachdem 1979 die 111jährige Geschichte der Schiffsschraubenfabrik Theodor Zeise im Konkurs endete. Nun bekommt das arme Ottensen ein Glanzlicht ganz anderer Güte: In der mit denkmalschützerischer Sorgfalt renovierten Ruine blüht die Medien-Fabrik, in der neue und alte Mittel der Verständigung produziert, präsentiert und genutzt werden können — nicht nur von den Porsche-Fahrern, die im „Eisenstein“ ihre Pizza mampfen, wie alle Beteiligten versichern.

„Ein Zentrum für alle Belange des Films von der Planung, Produktion bis hin zum Publikum“, listete Kultursenatorin Christina Weiss gestern im Filmhaus die Perspektiven des neuen Spielplatzes der Medienstadt auf. Stolz sei sie, daß auch traditionelle Vermittler, wie die öffentlichen Bücherhallen, ihr neues Projekt, die Film- und Video-Bibliothek, hier einrichten.

Am Rande der Hallen wuchs seit 1980 das Filmbüro zum Filmhaus heran. Jetzt fungiert das Filmbüro als Hauptmieter des Gebäudes. Neben Filmproduktions-, -verleih- und -vertriebsfirmen, sollen hier das Musik-, Theater- und Filmregie-Institut der Uni, der Verlag Ellert & Richter, die traditionsreiche Buchhandlung Nautilus, die Galerie Frank Jauss, Restaurants, eine Kindertagesstätte und natürlich die drei Zeise-Kinosäle „synergetische Kräfte“ entwickeln, hofft Filmbüro- Chef Torsten Teichert.

Das Schmunzeln, das sich Christina Weiss und Torsten Teichert bei der gestrigen Pressekonferenz schenkten, ließ sich — bösartig — als gequält, wohlmeinend aber auch als verschmitzt deuten. Etliche filmreife Streitereien hatten sich in den letzten Jahren meist hinter den Kulissen abgespielt. So mußte auch das erste Hamburger Filmfest von 1991 auf 1992 verschoben werden. Heiter nahm's Christina Weiss: „Hier haben wir einen Komplex, wo es noch viele Auseinandersetzungen geben wird — hoffentlich mit fruchtbarem Ergebnis.“

Die Detmolder Eigentümerin der Hallen, Barbara Mayr, ließ 24 Millionen Mark für den denkmalschützenden und bedarfsorientierten Ausbau springen. An Jahreskaltmiete für die insgesamt 4500 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche muß das Filmbüro 900000 Mark, also 16,66 Mark pro Monat und Quadratmeter zahlen. Eine Ottenserin beklagt bereits die zunehmende Gier der Vermieter rund um die Medien-Fabrik, die inzwischen bis zu 25 Mark Kaltmiete pro Quadratmeter im Altbau verlangen.

Man habe von Anfang an Wert darauf gelegt, daß sich die Zeise-

1Hallen gut in den Stadtteil einfügen, beschwor Torsten Teichert den sozialen Frieden, auch die weniger betuchten Ottenser hätten ein demokratisches Recht auf Schönheit. Ähnliches hat Jürgen Fabritius, der Chef der Zeise-Kinos, im Sinn. Mit gestaffelten Preisen

1für die insgesamt 600 Plätze hofft er auf eine bunte soziale Mischung in dem mit modernster Kinotechnik und Multiplex-Komfort ausgestatteten Haus. Sein Filmprogramm soll kommerziellen und künstlerischen Ansprüchen gerecht werden, ein fortschrittliches Verkehrskon-

1zept die Anfahrt mit Bus und Bahn erleichtern. Auch Diskussionen gehörten zum inhaltlichen Konzept, wie demnächst ein Podium mit Fernsehmachern, die sich um Reality-TV streiten, oder auch das im Herbst „hoffentlich stattfindende Filmfest“. Julia Kossmann