Herbstliches Bukett

■ Weiße Rosen mit Trauerrand oder Broccoli mit Vanillepudding: Nana Mouskouri servierte ihren Fans eine verzeihliche musikalische Mischung

servierte ihren Fans eine verzeihliche musikalische Mischung

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2å Vielleicht findet sie Rosen inzwischen furchtbar, möglicherweise würde sie sich am liebsten Kontaktlinsen gönnen: Nana Mouskouri freilich ist Profi genug, über derlei Eigenbefindlichkeiten hinwegzugehen. Würde ihr Publikum sie erkennen ohne die Brille mit ewigem Trauerrand, wäre es nicht vergrätzt, ignorierte sie all die Rosen, die man ihr während des Auftritts dediziert? Eben. Und deshalb, und weil sie schon so lange im Geschäft ist, teilt sie ihren „Freunden“ denn auch mit: „Für Sie singe ich meine Lieder, meine Botschaft von Liebe und Verständnis“, eingestreut zwischen „Sieben schwarze Rosen“ und natürlich „Weiße Rosen aus Athen“.

Dreißig Jahre ist die Dame nun im Geschäft. Anfang der sechziger Jahre war es, als sie sich mit einer wunderschönen Schnulze über nämliche Blumen aus der griechischen Hauptstadt in die Herzen des Schlagervolks sang. Harry Belafonte soll sogar einmal gesagt haben, daß er nie eine solche Reinheit an Stimme und Herzensbildung gehört habe.

Neue Anhänger hat sie während dieser Jahrzehnte nur wenige gewonnen: Das am Freitag im CCH ansässige Volk, paarweise in der üblichen Mann-Frau-Kombination mehrheitlich gekommen, ist offensichtlich mit der Verehrten älter geworden. Da nimmt man sich und den Seinen nichts mehr krumm. Nicht, daß die Mouskouri, bald satte sechzig Jahre auf dem Buckel (was man ihr weniger ansieht als vielmehr anhört), ein Programm servierte, das so krude gemischt war wie ein Teller Broccoli mit Vanillepudding. Vor allem im ersten Teil des Abends verzichtete sie weitgehend auf ihre Stärken, den hysterischen Gesang griechischer Lieder, getragen vom Alt ihrer Stimme. Nein, da trällerte sie immer eine halbe Oktave daneben Friedhofsmelodeien im schweren Moll. Und man merkte: In den Höhen, da piepst sie wie eine kehlenverschnürte Amsel.

Aber, wie gesagt, man tolerierte einander alle Schwächen, und sah ihr gesangliche Mißhandlungen von „As time goes by“ oder auch musikalische Prügel durch „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“ nach.

Überhaupt spielen die Lieder eigentlich keine Rolle, auch nicht, daß Nana Mouskouri die deutschen Konsonanten als das empfindet, was sie in der Musik bedeuten: Scherben für die Barfußläuferin.

Also lautmalerte sie um so bizarrer, brüchiger, als befänden wir uns in ihrem Badezimmer: Uns gefiel es wie zum Trost, daß auch der Herbst noch goldene Tage bereithält. Der Chronistenpflicht sei hier noch insofern Genüge getan, als man nicht unterschlägt, daß die Mouskouri, politisch allzeit korrekt, immer eine Freundin des früheren griechischen Präsidenten Karamanlis, etwas fülliger geworden ist, zwei furchtbare Kleider trug (die den Hüftspeck auch noch unvorteilhaft betonten) und mit dem Wissen, der Blumenindustrie Hamburgs reichlich Kundschaft beschert zu haben, in eine andere Stadt weiterzog.

Arne Fohlin