■ Scheibengericht: Pathos der Repetition
Wilhelm Killmayer: Kammermusik (CPO 999 020-2)
Zwischen dem Streichquartett und dem Streichtrio liegen 15 Jahre. Es ist nicht viel passiert, es war ein Dornröschenschlaf. Nicht, daß keine Werke entstanden wären zwischendurch, nein, das Klavierquartett kam ja in die Welt. Aber so etwas schreibt sich ja im Schlaf – es klingt zumindest reichlich nach somnambuler Melancholie, falls es so etwas gibt. Nicht, daß die Stücke einschläfernd langweilig wären, nein, dazu sind sie zu pathetisch. Es ist ein besonderes Pathos, das Pathos der Repetition: was zweimal gesagt ist, ist mit Bedeutung gesagt, und was zweimal gefühlt ward, ward tief gefühlt. So stricheln die Streicher mit viel Vibrato, leise, tenuto, die weinerlichen Weisen, manchmal auch einen schlichten, seligen Choral oder die Andeutung eines kleinen Tänzchens.
„Da mir meine Assoziationen lieb sind, ist das ästhetisch Anrüchige für mich reizvoll. Das Sentimentale, das Hübsche, das Unordentliche, das Triviale, das Freche, Nette, Geschmacklose...“ Wo der Horizont der Welterfahrung mit einem Schrebergarten deckungsgleich ist, träumt der Gartenzwerg von seinem Leben. Jahrein, jahraus. Und pfeift ein trauriges kleines Lied.
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