Wachstum, Wachstum, Wachstum!

■ G-7-Staaten haben ein Ziel, gehen aber getrennte Wege

Berlin (taz) – Rezession in Europa, Rezession in Japan und noch kein stabiler Aufschwung in den USA – die Weltwirtschaft befindet sich in einem Jammertal. Auf der Suche nach einer Initialzündung für die allerorten stagnierende Konjunktur haben es die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der sieben reichsten Industrienationen (G-7) am Samstag in London wieder einmal mit Gesundbeten versucht. Bei ihrem informellen Treffen konnten sich die Vertreter der USA, Japans, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Kanadas zwar auf „gemeinsame wirtschaftspolitische Ziele“ verständigen, nicht aber jedoch auf die von der neuen US-Regierung geforderte koordinierte Wachstumsstrategie.

Das Ziel heißt, wie könnte es anders sein, Wachstum, Wachstum und noch einmal Wachstum, wenn es geht, auch noch ohne Inflation. Dieses aber wollen die Finanzminister lieber auf je „eigenen politischen Wegen“ erreichen, schließlich müßte sich jedes Land sonst zu weitgehenden Konzessionen an die anderen durchringen. Das wiederum käme vor allen die Japaner und die Deutschen teuer zu stehen. Nicht nur die USA sehen in Nippons ständig wachsendem Handelsbilanzüberschuß einen Affront gegen den freien Welthandel; US- Schatzkanzler Lloyd Bentsen hat sich öffentlich zudem einen stärkeren Yen gewünscht. Damit würden Exporte nach Japan billiger. Doch Japan, das gerade ein staatliches Ausgabenprogramm aufgelegt hat, will die eigene Währung nicht aufwerten.

Noch mehr als der fernöstliche Industriegigant sind aber die Deutschen im Visier ihrer G-7-Partner: Ihnen ist die Hochzinspolitik der Frankfurter Währungshüter und das riesige Haushaltsloch schon lange ein Dorn im Auge. Um eine koordinierte Initiative der G-7 hinzubekommen, müßte die Bonner Regierung den Haushalt schleunigst konsolidieren, um Spielraum für drastische Zinssenkungen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa zu schaffen.

Daß daran im Traum nicht zu denken ist, haben wohl auch die Kollegen von Finanzminister Theo Waigel und Bundesbankchef Helmut Schlesinger gemerkt. Sie haben es dann gar nicht erst versucht. So konnte Theo Waigel nach dem Treffen freudig erklären, hinsichtlich einer Senkung der Leitzinsen sei diesmal kein Druck auf ihn ausgeübt worden. Und auch der britische Schatzkanzler Norman Lamont erklärte, in London würden keine weiteren Leitzinssenkungen erwogen. Ohne monetäre Lockerung und weniger Schulden aber kann der erhoffte weltweite Konjunkturimpuls noch lange auf sich warten lassen. Erwin Single