Kneipenpremiere wie im Krimi

■ Carvalho, katalanischer Feinschmecker-Detektiv, ermittelt neuerdings im Schnoor

Schon seit acht Uhr drängten sich Gäste, Schaulustige und Neugierige ungeduldig vor dem Lokal. „Typisch spanisch“, knurrten die einen, die anderen zuckten mit den Achseln: „Normal!“ Endlich, nach 20 Minuten, öffnete sich die Tür, und ein unrasierter, untersetzter Kerl nickte den Eintretenden freundlich zu. „Ich bin nur der Türsteher“, murmelte er. Vorbei an einer rotbeleuchteten Heiligenfigur ging es in den Keller hinunter. „Roter

Christus, du bis einer von uns“, stand in roten Buchstaben darüber. Der schummrig beleuchtete Kellerraum füllte sich schnell mit Blumen und lachenden und wild durcheinander redenden Menschen. Dann, plötzlich, die ersten Gläser Wein zur Begrüßung waren noch nicht verteilt, ging das Licht aus. Nur die Zigarettenspitzen glühten noch rot in der Dunkelheit ...

Es war tatsächlich fast wie im Krimi, und es war wirklich nicht inszeniert! Nur die Leiche fehlte, als die Lichter wieder angingen, und kein Detektiv trat in der neu eröffneten Bar Carvalho in Aktion. Krimi-Fans hatten schon Verdacht geschöpft, als die ersten Anzeigen erschienen: „Carvalho ermittelt ...“ Carvalho, der Gourmet- Detektiv aus Barcelona, Ex-Kom

Carvalho lebt

munist und gewesener CIA- Agent, lebensfroher Misanthrop und belesener Intellektuellenhasser, der sein Kaminfeuer mit Büchern beheizt, in Bremen? „Carvalho lebt“, behauptet Ladislav Kleine, Bremer Kreativ-Gastronom, Mitinitiator und —besitzer des „Carvalho“ im Schnoor: „Carvalho ist immer im Widerstand, ein Grantler, ein unbequemer Mensch.“

Hintergrund von Carvalhos Ermittlungen ist die Halbwelt, das Rotlicht-Milieu der Hafenstadt Barcelona: rötlich-schummrig und plüschig ist es auch bei Ladislaw Klein und „El Toro“-Besitzer Ricardo Herberg. Und weil Gastronom Klein bei seinen Ermittlungen in Barcelona entdeckt hat, daß es in Katalonien „die rechten Winkel nur im Kopf“ gibt, darf auch ein kräftiger Schlag Modernismus nicht fehlen. Schlingpflanzenartig ranken sich an der Kellerdecke Kabel um blumenförmige Lampen, wie Knospen glühen rote Birnen dazwischen. Gar nicht einfach, so einen Himmel aus Schlingkabeln und Birnen zu installieren, stöhnt Ladislaw Klein: „Carvalho“ wurde auch ihm „unbequem“ und, wer weiß: „Vielleicht kommen die Schlingpflanzen mal runter und erwürgen uns alle.“ Und weil Pepe Carvalho ein Feinschmecker ist, gibt es natürlich auch was zu essen: „Koloniale Küche“, sagt Ricardo Herberg, allerdings nicht nach Carvalhos Originalrezepten: spanische raciones, kleine Teller voller Köstlichkeiten zu katalanischem Cava, argentinischem Wein und galicischem Schnaps. „Man muß trinken, um sich zu erinnern“, sagte Pepe Carvalho, „und essen um zu vergessen“.

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Carvalho, Kolpingstraße 13, geöffnet täglich ab 17 Uhr.