Rüsselnase, Steckermund

■ Wesen aus dem Wunderland der just zur Hamburg-Stipendiatin ernannten Malerin Inge Pries zeigt die Galerie Cato Jans

zeigt die Galerie Cato Jans

Als Inge Pries eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand sie sich in ihrem Bett zu einem ungeheuren... Nein, so direkt ist Kafkas Erzählung Die Verwandlung nicht auf die Hamburger Künstlerin zu übertragen. In ihrer ungewöhnlichen Malerei brechen nicht verdrängte Katastrophen körperlich hervor, die auf den ersten Blick erschreckenden Mißbildungen ihrer Figuren erweisen sich bei längerer Betrachtung als sanftmütig ertragene Individualität. Trotz Rüsselnase, Steckermund und Mäusezahn, die Porträts bleiben immer liebenswert.

„Ich wollte nur einen speziellen Mund malen, und in der Suche nach dem Gesicht, das den stimmig hält, wuchs ein eigenes Wesen“ berichtet die Künstlerin über die Entstehung der Serie. Ihre Köpfe sind keine individuellen Karikaturen, es sind allegorische Charaktere, die die Nähe der Figuren von Pieter Brueghel und Hieronymus Bosch suchen.

Zeitlos introvertiert vor unbestimmtem Hintergrund und doch irgendwie bekannt, sind sie gleichsam manieristische Ahnen der

Mickey Mouse zwischen Kunstgeschichtsbezug und Comic-Kultur. Und solch Spagat zwischen verschiedenen Bezügen ist auch dem Leben der Künstlerin nicht fremd. So nennt sie als Lehrer an der Hamburger Hochschule für bildende Künste derartig grundverschiedene Personen wie den farbsensiblen Kissenmaler Gotthard Graubner und den Fluxuskünstler Robert Filliou.

So begnügt sie sich nicht mit dem sicheren Umgang mit Öl und Tempera, sie legt auch Wert auf die Inszenierung ihrer Bilder im Raum. Einige Bilder bilden einen Block, abwechselnd gepaart mit rückseitig zur Wand gekehrten Keilrahmen, dabei zusätzlich Spiegel und verkehrte Welt symbolisierend. Andere stehen auf Stangen an die Wand gelehnt, was Vergleiche mit aufgespiessten Ikonen, Schildern oder Tragemasken, aber auch die Vorstellung spindeldürrer Stelzenbeine evoziert. Zudem gliedern Tapetenmuster von der Malrolle den Raum und rohbelassene Naturholzrahmen verfremden die Malerei nochmals.

In Zukunft will Inge Pries ihren Geschöpfen einen weiteren Umraum schaffen: Ganzkörperkompositionen und räumliche Bilderzählungen in der Tradition der von ihr geschätzten Episodenschilderungen der spätmittelalterlichen Malerei sollen ihr persönliches Wunderland ausweiten. Und da sie gerade gestern von der Jury für das Hamburg-Stipendium ausgewählt wurde, wird sie das auch schaffen. Hajo Schiff

Ausstellung „Facilitate Amabile“, Galerie Cato Jans, Humboldtstr.39, Di.-Fr. 15-19, Sa. 12-15 Uhr; bis 3.April. Katalogbüchlein 20 Mark