Mehr Demokratie statt Autonomie

■ GEW bezieht Stellung zum Behördenpapier / Schulversuch wird abgeblasen / Autonomie ins Schulgesetz?

bezieht Stellung zum Behördenpapier / Schulversuch wird abgeblasen / Autonomie ins Schulgesetz?

Nach zweimonatiger Debatte hat die Landesvertreterversammlung der GEW am Montag eine Entschließung zum sogenannten Autonomie-Papier verabschiedet. Fazit: In allen Punkten, die eine wirtschaftliche Eigenverantwortung von Schulen vorsehen, lehnt die Lehrergewerkschaft die Vorschläge der behördeninternen Arbeitsgruppe ab. Allerdings wird eine Demokratisierung von Schule und eine pädagogische Erneuerung als „dringend erforderlich“ begrüßt.

Insgesamt, so bilanzierte GEW- Sprecherin Anna Ammonn, habe die Diskussion unter großem Zeitdruck stattgefunden. Das von den 200 Delegierten verabschiedete Thesenpapier habe deshalb nur vorläufigen Charakter. Da die meisten Hamburger Lehrer in der GEW organisiert sind, ist das Papier dennoch von Bedeutung für den weiteren Verlauf der Debatte.

In einem Punkt ist die Sache allerdings schon entschieden: Einen Schulversuch, wie ursprünglich von der Arbeitsgruppe angedacht, wird es nicht geben. Das machte Landesschulrat Peter Daschner, der schon auf zahlreichen Versammlungen für das Papier Prügel bezogen hat, vor den GEW-Delegierten deutlich. Stattdessen soll „Autonomie als Möglichkeit“ in der für Herbst geplanten Novelle von Schulgesetz und Schulverfassungsgesetz verankert werden. Wie das aussehen könnte, darüber schweigt sich die Behörde noch aus.

„Wir sind mißtrauisch, daß wir hier in eine Diskussion geschickt werden und hinterrücks Fakten geschaffen werden“, sagte GEW- Sprecherin Ammonn. Dies vor allem vor dem Hintergrund, daß es keinerlei Konzepte dafür gebe, wie die Bildungspolitik unter erschwerten materiellen und finanziellen Bedingungen ab Mitte der 90er Jahre aussehen soll.

Die GEW will in den nächsten Wochen Erfahrungen der Krankenhäuser auswerten, die bereits vor zehn Jahren durch Umwandlung in Landeshaushaltsbetriebe (LHO) einem stärkeren Konkurrenzdruck ausgeliefert wurden. Maßgeblich vorangetrieben wurde die damalige Teilprivatisierung von Klaus Skulimma vom Amt für Verwaltung, der auch in der Autonomie-Arbeitsgruppe dabei war. In einem internen Zusatzpapier, das nicht veröffentlicht wurde, schlug der Verwaltungsfachmann bereits die Umwandlung der Schulen in LHO-Betriebe, die Aufsplittung der Lehrer in Angestellte und Beamte sowie eine besondere Förderung „leistungsstarker Mitarbeiter“ vor.

Die GEW lehnt derartige Tendenzen, „Schule als Betrieb“ zu führen, ausdrücklich ab. Auch ein organisiertes Sponsoring und eine globale Mittelzuweisung, die den Schulen überläßt, ob Lehrer oder Sachmittel angeschafft werden, sei angesichts der angespannten Personalsituation indiskutabel.

Große Sympathie habe man jedoch für die Bereitschaft der Behördenspitze, Verantwortung nach unten zu verlagern. In diesem Punkt, so der GEW-Landes-Chef Hans-Peter de Lorent, unterscheide man sich deutlich von der Kritik des Deutschen Lehrerverbands (DL) am Autonomie-Papier. So sei eine Zusammenlegung der „Äußeren und Inneren Schulverwaltung“ sehr sinnvoll.

Eine minimale Grundvoraussetzung für Autonomie — ein Wort, das die GEW-Funktionäre lieber durch Demokratisierung ersetzt sehen würden — sei die Wiederabschaffung des Schulleiters auf Lebenszeit. Ein entsprechender Antrag der Lehrerkammer für die Novellierung des Schulverfassungsgesetzes wird derzeit von den Juristen in der Schulbehörde geprüft.

Gerade im Punkt Enthierarchisierung sei die Behördenspitze weiter als der Behördenapparat, sagte de Lorent. Wenn man hier die Diskussion abwürge und — wie der DL — „die Kiste einfach wieder zumacht“, sei für Jahre eine Chance verspielt. Kaija Kutter