: Ostholsteiner Sparstrümpfe sind aus Holz!
Reaktionen und Vermutungen zur neuesten Kieler Schlammschlacht um ■ Günther Jansen
/ CDU-Schnack: »Judaslohn-Affäre«
Korruption, Korruption! So kann die Stellungnahme der Hamburger FDP zur Jansen-Pfeiffer-Affäre zusammengefaßt werden. In Geldgeschäften nämlich kennen sich die hanseatischen Liberalen aus.
So meldete der Landeschef der Freidemokraten, Robert Vogel, gestern heftige Zweifel am Geisteszustand des schleswig-holsteinischen Energie- und Sozialministers Günther Jansen an. Der will Almosen für des toten Barschels Medienreferenten, Reiner Pfeiffer, in seiner Schreibtischschublade gesammelt haben. Es kamen mindestens 40000 Mark zusammen.
Vogel, einer der reichsten Männer Hamburgs, bemerkt dazu: „Abgesehen davon, daß normale Menschen solche Beträge auf Bankkonten sammeln oder (wenn die Geldbewegungen nicht nachvollziehbar sein sollen) in Schließfächern horten, sprechen die Umstände der Geldübergabe eher für einen konspirativen Akt.“ Das mag sein, doch vielleicht ist in Ostholstein alles anders, vielleicht wird im Großraum Eutin auch anders gespart.
Und Günther Jansen mag sein, was man will, eines ist er ganz bestimmt: Ostholsteiner. Deshalb muß man seine bundes- und landespolitischen Karrieren nur als Zwischenspiel betrachten. Der SPD- Politiker erreichte seinen ersten Höhepunkt politischer Handlungskraft als Bürgermeister des Örtchens Süsel (Ostholstein natürlich), und er hat noch einen Traumjob in petto. Ihm Nahestehenden verriet er vor nicht allzu langer Zeit, er wolle sein Berufsleben als Bürgermeister von Eutin beenden.
Wenn die Bewohner der Rosenstadt mitspielen, wird er das sehr bald dürfen. Günther Jansen — das scheint inzwischen sicher — wird aus dem Engholm-Kabinett zurücktreten. Es wäre nicht seine erste Demission im Zusammenhang mit Reiner Pfeiffer.
Als zu Hochzeiten der Barschel- Pfeiffer-Affäre ruchbar wurde, daß Jansen längst vor der Spiegel-Veröffentlichung alles wußte, legte dieser nach kurzer Schamfrist sein Amt als Landesvorsitzender nieder — aus persönlichen Gründen, versteht sich. Aus ebensolchen Gründen wird sich Jansen (und er ist tatsächlich ziemlich krank) auch diesmal politisch unangreifbar machen. Er gilt schließlich als über alle Maßen parteiloyal. Deshalb wird er der CDU schnell den Stoff für einen langgezogenen Schmutzwahlkampf entziehen — sich selbst.
Das muß schnell geschehen, denn die CDU brauchte zwar 24 Stunden, um den Jansen-Rücktritt zu fordern, sattelte aber inzwischen mächtig drauf. Der Bonner Generalsekretär der Christen- Union, Peter Hinze, kreierte gestern den Slogan: „Kieler Judaslohn-Affäre“. Auch die schleswig- holsteinische FDP geht mit Jansen hart ins Gericht, will aber weitere Schritte von einem Gespräch mit eben diesem abhängig machen.
Die Presseerklärung des Grünen- Vorsitzenden Rainer Steenblock beginnt mit dem Satz: „Reiner Pfeiffer hat dem Land Schleswig-Holstein so geschadet wie kaum ein anderer.“ Als wenn es darum ginge. Reiner Pfeiffer hat der Nord-SPD genutzt wie kaum ein anderer. Er hat Engholm indirekt zum Regierungschef gemacht und Jansen zum Minister. Und das alles für Almosen.
Jürgen Oetting
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