ABM-Projekte: Millionenwerte in Gefahr

■ Der Bewilligungstopp gefährdet auch die Arbeit der laufenden ABM-Projekte / Bauvorhaben bleiben liegen, vollausgestattete Werkstätten ungenutzt / Servicegesellschaften fordern dritten Arbeitsmarkt

Berlin. Die Entscheidung der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in Nürnberg, die Zahlungen an alle neuen ABM-Projekte einzustellen, wirkt sich auf zahlreiche Bauvorhaben in den Kommunen aus. In den Bezirken Treptow und Köpenick liegen nach einer Mitteilung der Servicegesellschaft GBG seit Montag 14 Baustellen auf Kindertagesstätten brach, die bisher vom Christlichen Jugenddorf betreut wurden. Das Projekt setzt seit einem Jahr Kinderspielplätze instand und wechselt unter anderem kontaminierten Sand aus. Neben der achtköpfigen Regiegruppe, die unmittelbar vom Nürnberger Erlaß betroffen ist, mußten Anfang der Woche auch die verbliebenen 126 Beschäftigten des Ökoprojekts in Urlaub geschickt werden, obwohl deren ABM-Förderung erst Mitte März ausläuft. Hans Mühe, Geschäftsführer der das Projekt begleitenden Servicegesellschaft GBG: „Ohne Leitung kann das Projekt einfach nicht weitergeführt werden.“ Der Erlaß der BA gefährdet auch Projekte, in die mittlerweile Millionen investiert worden sind. So droht etwa der Servicestation der Arbeitsförderungsgesellschaft GGF, in die bisher 10 Millionen Mark geflossen sind und die 37 ABM-Mitarbeiter in Blankenfelde beschäftigt, zum Sommer das Aus. Die Servicestation hat laut GBG jedoch eine grundlegende Bedeutung für andere ABM-Projekte und Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaften (BQS): Sie stellt technisches Gerät – zum Teil neu erworben – zur Verfügung und hilft bei Bedarf auch mit Fachkräften aus. Eine GBG-Mitarbeiterin zur taz: „Wenn die Nürnberger bei ihrem Erlaß bleiben, sind Millionen in den Sand gesetzt.“ Angesichts der prekären Lage haben sich die sieben Berliner Servicegesellschaften unterdessen in einem gemeinsamen Aufruf an die Öffentlichkeit gewandt. Sie forderten die Bundesregierung und die BA in Nürnberg auf, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Von den rund 17.000 ABM-Plätzen, die in den letzten beiden Jahren im Ostteil der Stadt von den Servicegesellschaften aufgebaut worden seien, müßten nach der jetzigen Entscheidung andernfalls mehr als drei Viertel in diesem Jahr wegfallen. Darüber hinaus appellierten die Servicegesellschaften, eine neue Arbeitsmarktpolitik in Angriff zu nehmen. Ziel müsse es sein, einen dritten, gemeinnützigen Arbeits- und Wirtschaftssektor zu entwickeln. Neben der auf Gewinn abzielenden Wirtschaft klagten die Servicegesellschaften eine gleichberechtigte „gemeinschaftsorientierte Ökonomie“ ein.

Ganz andere Vorstellungen hegt hingegen Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU): Das ABM- System sei in seiner derzeitigen Form an seine natürlichen Grenzen gestoßen. Wegen der zu hohen Kosten müßten nun neue Wege gesucht werden. Pieroth regte an, ABM-Kräfte befristet in Existenzgründer-Betrieben einzusetzen, beispielsweise im Handwerk. Dort könne der ABM-Teilnehmer „selbst mithelfen, seinen eigenen Dauerarbeitsplatz aufzubauen“. Für den Existenzgründer ergibt sich nach Pieroths Ansicht dadurch nicht nur eine „deutliche Kostenentlastung“, sondern motiviere ihn zudem, zügiger die ersten Mitarbeiter einzustellen.

Zu einer Demonstration gegen die ABM-Kürzungen haben die Selbsthilfegruppe Alleinerziehender und das Bündnis 90, das Neuen Forum, der Unabhängige Frauenverband, SOS Rassismus und Pfefferwerk aufgerufen. Ort: 10 Uhr, Rotes Rathaus. Severin Weiland