Zu Schiller locken

■ Der letzte Spielplan der Ära Heyme verspricht nicht wenig

Gleichzeitig mit seinem Rücktritt gab Hansgünther Heyme gestern den neuen Spielplan des Bremer Theaters bekannt. Also dann:

In punkto Musiktheater gehen die erste und die letzte Inszenierung an den künftigen Oberspielleiter Thomas Schulte-Michels. Er wird am Anfang Verdis Rigoletto geben (am 19. September) und am Ende Händels Julius Caesar. Zwischendrin kommt Ingo Waszerka zum Zuge mit dem Musical Der Mann von La Mancha (am 9. Oktober). Wer ihm am 20. November mit Tschaikowskys Peter Onegin nachfolgen darf, ist noch nicht raus. Als nächster aber ist ein echter Pantomime an der Reihe: Ctibor Turba aus Prag wird am 16. Januar 94 Leoncavallos Pierrot au Cinema, geradezu eine kleine Uraufführung, im Paket mit Puccinis Gianni Schicchi herausbringen. Das vorletzte Stück der Opernsaison wird Der feurige Engel von Prokofjew sein, inszeniert von Peter Konwitschny.

Im Schauspiel haut als erster Heyme auf die Pauke: Seine Fassung der Heimkehr des Odysseus hat am 3. September mit Margit Carstensen Premiere; vorher allerdings ist das Stück, als Koproduktion mit den Ruhrfestspielen, bereits im Mai in Recklinghausen über die Bühne gegangen. Zudem wird Heyme zweimal mit Schiller locken, mit „ungeheuer aktuellem Material“, nämlich erstens der Maria Stuart (am 4. November) und zweitens den Räubern (am 14. Mai 94). Ansonsten gibt es zwei Arbeiten von Hansjörg Betschart: Am 4. September kommt Goethens Iphigenie auf Tauris heraus; am 8. Januar 94 macht Betschart das Noren-Stück Herbst und Winter. Mit im Sortiment: Strindbergs Fräulein Julie, inszeniert im Brauhauskeller von Gila Becker (Anfang September); Ayckbourns Halbe Wahrheiten, inszeniert von Inge Andersen (16. Oktober); und, als Weihnachtsmärchen, Lindgrens Mio, mein Mio (Regie: Ines Wellauer). Achja, und Christoph Schlingensief, der Hausschlachter des jüngeren deutschen Kinos, wird im Concordia die Phädra des Euripides hinmetzeln (Anfang Januar 94).

Das Tanztheater unter Kresnik weiß traditionsgemäß noch nicht, was es machen wird, nur daß es von Kresnik ist und am 21. April 94 uraufgeführt wird. Im Repertoire bleiben Frida Kahlo, Familiendialog und Wendewut. Mit letzterem Stück wird Kresnik wieder zum diesjährigen Berliner Theatertreffen eingeladen. Daß er nicht ganz in Berlin hängen bleibt ist übrigens mit dem Weggang Heymes, den Kresnik nicht leiden konnte, jetzt wieder ein bißchen wahrscheinlicher geworden.

Bleibt das MOKS-Theater: Es widmet sich in seiner ersten Premiere im September Medeas Kindern, um welche sich bisher wirklich noch niemand gekümmert hat, und im Januar 94 folgt das erste Stück, welches je vom MOKS in Auftrag gegeben ward; der Berliner Autor Gerd Knappe schreibt noch dran, und es wird um das Schamanische in der Liebe gehen, jedenfalls so ähnlich. schak