Im Test: Der pangalaktische Donnergurgler Von Thomas Meiser

Bochums weltweit gerühmte Edeldisko mit Namen „Planet“ hat allemal Stil. Ein Kölner Groß- Fanzine, das unter aufgeweckten Oberschülern zirkuliert, wählte das Tanzhaus gar zum besten Club des Westens. In der Garderobe haben sie echte Bügel, und 15 Sorten schwer angesagtes Trendbier sind in den mutmaßlich optimal temperierten Kühlkellern der Bar zwischengelagert. Auf der Getränkekarte findet sich zwischen „Whisky Sour“ und „Gin Fizz“, ein roter Fleck. Straft man etwa die falsche Getränkewahl in diesem Hort der Schönen und Jungen mit einem Nasenstüber ab? Auge in Auge mit der Avantgarde scheint jedenfalls eine verwegene Entscheidung angeraten. Da weiß man, was man hat. Und die anderen wissen, daß man gut drauf ist. In klassischem Schwarz nähert sich die Barfrau, mit Kajal sind ihre Augen zu kleinen Schlitzen geschminkt. „Und du, was möchtest du denn trinken“, begehrt sie ultimativ zu wissen. „Den pangalaktischen Donnergurgler bitte, was sonst.“ Wäre doch gelacht! Andererseits, man kennt dieses Getränk aus der Fachliteratur. Den haarsträubenden Erlebnisberichten eines intergalaktischen Reisenden zufolge gilt das Multialkoholikum „pangalaktischer Donnergurgler“ zwar als Indikator für ein hohes Entwicklungsniveau einer beliebigen Zivilisation. Aber irritierenderweise vergleicht der Buchautor dessen Wirkung mit „einem in ein Handtuch eingewickelten Ziegelstein, der dir auf den Kopf gehauen wird“. Und in nur mit einer Lupe zu entziffernden Lettern warnt selbst die Getränkekarte der irdischen Hipsterlokalität den vorwitzigen Dürstenden: „Ein Drink wie ein Raubüberfall – teuer und schlecht für den Kopf.“ Hinter dem Tresen schwingt jetzt der Chef des Hauses, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit Charles Manson hat, eifrig die Flaschen. In einen ausgesucht häßlichen Glasbecher schüttet er deziliterweise hochwertige Spirituosen wie Bourbon, braunen Tequila, Rum, Chartreuse, Sambucca, alten Yanx- Geist, Tabasco und Zitronensaft. Um von der brisanten Mischung abzulenken, werden raffiniert geschnitzelte Sternfrüchte, Kiwis und Cocktailkirschen flink um das Glas drapiert. Das vorsichtig ins Glas geworfene brennende Streichholz bewirkt eine meterhohe Stichflamme. Unauffällig setzt sich ein Löschzug der freiwilligen Feuerwehr an den Nebentisch, im Hintergrund schneidet ein Spanner mit einem Camcorder alles mit. „Und jetzt trink das alles aus“, befiehlt die Kellnerin, herzlos wie eine Pelztierzüchterin, während sie das Gurglerglas auf den Tisch knallt. Einige Cocktailspritzer ätzen sich durch die Tischplatte. Von wegen Techno, die Barfrau trägt die Asbesthandschuhe zur Unfallverhütung. Ein Häuflein Mensch, ein hirntoter Zombie vielleicht, schält sich aus dem Müllsack, der den Verschnitt der exotischen Früchte verbirgt. Der Untote wankt näher, sabbernd nuschelt er: „Bis jetzt habe nur ich diesen Drink überlebt.“ Aber durch den Strohhalm gemümmelt, erweist sich das Gurglerzeug als durchaus wohlschmeckend. Auch die Wahrnehmung wird überhaupt nicht beeinträchtigt. Doch findet man sich mysteriöserweise später in der Bochumer Bahnhofskneipe wieder. Oder in einem Müllsack?