Brandenburg fordert Stahl-Sanierung

■ SPD-Bundestagsfraktion für nationale Stahlkonferenz/ Heute weitere Warnstreiks der Gewerkschaften

Berlin (taz/dpa/AP) — Die Landesregierung von Brandenburg hat die Treuhandanstalt aufgefordert, alle Stahlbetriebe mit mehr als 200 Beschäftigten zu sanieren. Die Stahlproduktion ist für das Bundesland neben der Petrochemie der industrielle Schwerpunkt; in der Stadt Brandenburg, in Oranienburg, Eberswalde, Hennigsdorf und Eisenhüttenstadt sind derzeit noch rund 8.000 Stahlkocher beschäftigt. In Potsdam protestierten gestern Hunderte von Stahlarbeitern für den Erhalt ihrer Betriebe.

In der Nacht zum Mittwoch war die Schlichtungsverhandlung für die ostdeutsche Stahlindustrie ohne Ergebnis vertagt worden. Bei ihr geht es, wie in der Metallindustrie, um die Angleichung der Löhne auf 80 Prozent des Westniveaus. Die Arbeitgeber lehnen dies mit der Begründung ab, der Tarifsprung würde die Existenz der Stahlbetriebe gefährden.

Die Elektrostahlwerke in Hennigsdorf und Brandenburg wurden 1992 von der italienischen Riva- Gruppe übernommen. Die dortige Produktion von Bau- und Betonstahl mit jeweils 1.000 Mitarbeitern hat sich laut Experten besser angelassen als erhofft. Im Kaltwalzwerk Oranienburg, das von der Krupp Stahl AG gekauft wurde, bangen die derzeit 330 Beschäftigten dagegen um ihre Jobs. Es wird befürchtet, daß im Zuge der europäischen Stahlkrise dort 200 Arbeitsplätze wegfallen könnten. Höchst problematisch ist derzeit auch die Situation der Eko Stahl AG in Eisenhüttenstadt, wo noch rund 3.500 Stahlkocher beschäftigt sind. Während die westdeutsche Stahlindustrie dort nur ein Kaltwalzwerk erhalten will, sprechen sich Politiker und Treuhand für eine integrierte Lösung mit Warmbandkapazitäten aus. Die Kosten für die Investition: rund eine Milliarde Mark. Doch die Investition ist angesichts der Stahlkrise und des bevorstehenden Kapazitätsausbaus höchst umstritten. Nicht wenige plädieren dafür, die Subventionen von rund 600.000 Mark pro Arbeitsplatz sinnvoller in Ersatzarbeitsplätze zu investieren.

Die SPD-Bundestagsfraktion hat unterdessen ihre Forderung nach einer Einberufung einer nationalen Stahlkonferenz bekräftigt. Durch die Krise im Stahlsektor sind bis zu 40.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet. Heute wollen die Gewerkschaften an den Stahlstandorten mit Warnstreiks gegen den bevorstehenden Kahlschlag protestieren. es