Kriegt Krause eine geklebt?

■ Mineralölsteuer statt Autobahnvignette

Bonn (taz) – Verkehrsminister Günther Krause muß sich seine Vignette wohl sonstwohin kleben. Bereits vor dem abendlichen Koalitionsgespräch über die Finanzierung der Bahnschulden räumte man gestern in Bonn der von Krause geforderten Autobahnvignette für PKW kaum noch Chancen ein. Selbst in der Union mehrten sich die Stimmen, die statt dessen für eine deutliche Erhöhung der Mineralölsteuer plädierten. Es gebe zwar noch „den einen oder anderen Anhänger“ einer „Mischlösung aus Vignette und Benzinsteuer“, sagte der Vorsitzende der „Enquete-Kommission für den Schutz der Erdatmosphäre“, Klaus Lippold (CDU), zur taz. Die Umwelt- und Verkehrspolitiker der Koalition seien jedoch geschlossen gegen eine Autobahngebühr.

Als Befürworter des Mischmodells blieben gestern nachmittag vor allem die Bonner CSU-Politiker übrig. Unbestätigt blieben Berichte, Krause selbst habe eingelenkt und sei bereit, auf die Vignette zu verzichten. In der Unionsfraktion kursierten nach Informationen von dpa Kompromißpläne. Danach sollte die Mineralölsteuer 1994 um 10 Pfennig angehoben werden, 1995 um weitere 15 Pfennig und 1996 um 20 Pfennig. [Groschen gefallen? die Säzzerin] 1995 sollte doch noch die Autobahnvignette mit einem Jahresbetrag von 180 Mark hinzukommen.

Die FDP-Fraktion hatte hingegen bereits am Dienstag abend einmütig dafür plädiert, sich auf eine Mineralölsteuererhöhung zu beschränken. Lediglich für LKW sollte die Bundesregierung eine Vignette einführen. Dies müsse aber „zwingend“ zuvor mit den EG-Partnern ausgehandelt werden, sagte FDP-Fraktionschef Hermann Otto Solms. Über die Höhe und den Termin der Steuererhöhung sollte die Koalitionsrunde noch befinden. Zehn Pfennig pro Liter reichten jedoch nicht aus, erklärte der FDP-Politiker. Denkbar sei auch eine gestufte Anhebung. Auf alle Fälle müsse die Kilometerpauschale für FernpendlerInnen angehoben werden.

Solms begründete das Nein zur Vignette mit ökologischen Bedenken und dem „erheblichen Verwaltungsaufwand“. Die Vignette verursache jährlich Kosten von 780 Millionen Mark, die mit den erwarteten Einnahmen von 3,6 Milliarden Mark verrechnet werden müßten. Die AG Umweltpolitik der Koalition forderte statt dessen, vier bis fünf Jahre lang jährlich zehn Pfennig auf den Liter Benzin aufzuschlagen. Noch weiter ging Umweltminister Klaus Töpfer (CDU). Er plädierte dafür, den Benzinpreis zehn Jahre lang jährlich um zehn Pfennig zu verteuern und mit diesen Mitteln auch den öffentlichen Nahverkehr stärker auszubauen.

Für den Vignettenbefürworter Krause werde es ein Trostpflaster geben, hieß es in der Union. Die ebenfalls von Krause angeregte Privatisierung der Autobahnen sei unstrittig. Wenn dieses Vorhaben umgesetzt sei, könne in fünf bis sechs Jahren der Plan verwirklicht werden, eine streckenbezogene Maut einzuführen und diese elektronisch zu erheben. „Krause kann sich dadurch bestätigt fühlen“, meinte Lippold. Auch Solms befürwortete die Privatisierungspläne, wollte aber keinen Termin für die Einführung des „elektronischen Mauthäuschens“ nennen. Hans-Martin Tillack